Watt

Unter der Oberfläche tobt das Leben

Ausgedehnte Sand- und Schlickflächen bis zum Horizont: So präsentiert sich der Lebensraum Watt bei Ebbe. Seine Vielfalt erschließt sich zumeist erst auf den zweiten Blick: Auf und unter der Wattoberfläche und in Prielen und Pfützen tummeln sich Abermillionen kleiner Tiere.

Im Rhythmus der Gezeiten

Zweimal am Tag fallen die riesigen Wattflächen zwischen Inseln und Festlandsküste trocken, zweimal werden sie wieder überflutet. Dabei ändern sie täglich ihr Gesicht.

Material, das an einer Stelle weggeschwemmt wird (Erosion), wird an anderer Stelle wieder abgelagert (Sedimentation). Je nach Strömungsgeschwindigkeit des Wassers werden die vom Wasser mitgeführten Sedimentteilchen an unterschiedlichen Stellen im Watt abgelagert.

Die feinen Teilchen sinken in ruhigen und geschützten Bereichen zu Boden und bilden das Schlickwatt.

Wo mehr Turbulenz herrscht, können sich nur die schwereren, gröberen Körner absetzen: hier entsteht das feste und wanderfreundliche Mischwatt und Sandwatt.

Die Flut spült zweimal täglich Rohstoffe und Nahrung ins Watt. Nährstoffreiche Sedimente lagern sich am Boden des Wattenmeeres ab. Diese organische Substanz bildet, zusammen mit den Kleinstlebewesen des Planktons, einen fruchtbaren Nährboden für Kleintiere.

Auf einem Quadratmeter Wattboden leben Millionen von Kieselalgen, Tausende von kleinsten Krebsen und viele Muscheln, Schnecken und Würmer. Auf einer Fläche von 100 x 100 m haben die Tiere eine Biomasse von 3 -12 t Nassgewicht; das ist mehr als im Urwald.

Farbstreifensandwatt

© Hendrik Brunckhorst / LKN.SH

Farbstreifensandwatt

An einigen Strandabschnitten von Amrum und St. Peter-Ording findet man einen Lebensraum, der erst durch das Ankratzen der Strandoberfläche sichtbar wird: das Farbstreifensandwatt.

Es besteht aus Mikrobenmatten, die zu den ältesten Ökosystemen der Erde gehören. In engster Abfolge, innerhalb einer Schichtdicke von nur 2 – 20 Millimeter, ist dann eine grüne Schicht aus Cyanobakterien, eine purpurrote Schicht aus Schwefelpurpurbakterien und eine schwarze Schicht aus Sulfat reduzierenden Bakterien zu erkennen.

In diesem Lebensraum gibt es eine spezialisierte Tierwelt von Muschel- und Ruderfußkrebsen, Faden- und Strudelwürmern, Räder- und Wimpertierchen, die allesamt so winzig sind, dass sie erst unter dem Mikroskop erkennbar werden. Die Tierarten des Farbstreifensandwatts kommen in dieser Zusammensetzung nirgendwo auf der Welt wieder vor.

In der Roten Liste der Biotoptypen des Wattenmeeres ist das Farbstreifensandwatt als von vollständiger Vernichtung bedroht und kaum regenerierbar eingestuft.