Niedersachsen

Nachruf auf Reiner Schopf

Mitte August erreichte uns die traurige Nachricht vom Tod des langjährigen Inselvogtes von Memmert, Reiner Schopf. 1973 trat er seinen einsamen wie anspruchsvollen Dienst an und blieb dann über 30 Jahre, hatte die Tier- und Pflanzenwelt dieses vom Menschen fast unberührten Kleinods im Blick, schützte die Insel vor unbefugtem Betreten und Störungen, entsorgte konsequent den angeschwemmten Müll und erörterte mit den Kolleg*innen vom NLWKN und der Nationalparkverwaltung Maßnahmen für Schutz und Entwicklung.

Seit über 100 Jahren, also lange bevor die ersten hauptamtlichen Ranger im Wattenmeer ihren Dienst antraten, wird die unbewohnte Memmert dauerhaft von einem Vogelwart bewacht. Auf Otto Leege jr. (Vogelwart 1921-1946), Theresa Leege (bis 1956) und Gerhardt Pundt folgte Reiner Schopf. 1973 begann er seinen Dienst beim damaligen „Bauamt für Küstenschutz“ in Norden (heute NLWKN) als Inselvogt von Memmert.

Zu jener Zeit galt es noch als sittenwidrig, in „wilder Ehe“ zu leben. Voraussetzung für die Stellenbesetzung war deshalb, dass der angehende Inselvogt seine Freundin vor Dienstantritt heiratete. Trauzeugen waren der damalige Behördenchef Heie-Focken Erchinger und der Mitarbeiter Theodor Mennebäck. Das Ehepaar zog in das Vogelwärterhaus auf der hoch gelegenen Kreuzdüne der Vogelinsel, die seit 1907 erste Seevogelfreistätte Deutschlands ist, seit 1986 zur strengsten Schutzzone im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer gehört und nur mit Genehmigung betreten werden darf.

Die Ehe hielt nur drei Jahre. Von da an lebte Reiner Schopf zunächst 17 Jahre lang alleine auf der Insel. Nur gelegentlich setzte er mit seinem kleinen Holzboot nach Juist über, um Besorgungen zu machen. Ein Freund nannte ihn den „einsamsten, aber deswegen nicht unglücklichen Mann in Deutschland“. Dann traf er seine neue Liebe und spätere Ehefrau, die bis zu seiner Verrentung bei ihm auf Memmert blieb. Nach mehr als 30 Jahren Tätigkeit als Vogelwart zog Rainer Schopf an die Ostsee, um dort mit seiner Frau den Lebensabend zu verbringen.

Die grüne berufliche Laufbahn von Reiner Schopf begann mit einer Gärtnerlehre im elterlichen Betrieb. Nach vier Jahren Dienst in der Bundesmarine betreute er ein Vogelschutzgebiet auf Amrum, bis er 1973 seine Stelle auf Memmert antrat. Er lebte für „seine“ Insel, die er mit langem Atem auch gegen ungenehmigte Besuche und illegale Nutzungen verteidigen musste. Konsequent kümmerte er sich um die Entsorgung der Müllmengen, die regelmäßig auf der Insel angeschwemmt werden. Seine eigenen Ansichten für einen erfolgreichen Wattenmeerschutz und seine Kritik an der für ihn unzureichenden Umsetzung gesetzlicher Vorgaben und fachlicher Maßnahmen vertrat er auch gegenüber Kolleg*innen der Nationalparkverwaltung, die im Rahmen des Monitorings gelegentlich nach Memmert fahren. Doch stets wurden wir freundlich von ihm auf der Insel empfangen und begleitet, um anschließend bei einer Kanne Tee im Vogelwärterhaus ausgiebig zu diskutieren.

Reiner Schopf starb am 08. August 2024 nach schwerer Krankheit 86-jährig in seinem Haus an der Ostsee. Wir werden ihn immer in guter Erinnerung behalten als einen außergewöhnlichen Menschen, als engagierten Kollegen und überzeugten, konsequenten Naturfreund, der manchmal unbequem sein konnte, sein Gegenüber dadurch aber immer wieder zum Nachdenken gebracht und geerdet hat.