Niedersachsen

Wolf auf Norderney: FAQ, Daten & Fakten

Stand: 10. Dezember 2024

Am 20. Juni 2024 wurde erstmals die Anwesenheit eines Wolfs auf der Insel Norderney dokumentiert. Das löste eine anhaltende Diskussion mit vielen Fragen, aber auch Mutmaßungen und Befürchtungen in der Öffentlichkeit und den Medien aus. Nachstehend finden Sie eine Zusammenstellung von Antworten auf häufig gestellte Fragen und weitere Informationen für eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema.

Wie ist der Wolf überhaupt auf die Insel gekommen?

Wir gehen davon aus, dass der Wolf auf völlig natürlichem Weg vom Festland Ostfrieslands über das Watt auf die Insel gelangt ist. Dies wird durch die Erkenntnisse, die durch das Monitoring der Nationalparkverwaltung erbracht wurden, bestätigt (s. u.). Wölfe sind in der Lage, größere Strecken zu schwimmen und zu laufen. Das zweimal am Tag trockenfallende Wattgebiet zwischen dem ostfriesischen Festland und der Insel Norderney mit den offenen Wattflächen und den – bei Niedrigwasser – relativ schmalen Prielen kann von Menschen und größeren Wildtieren überquert werden.

Dies ist seit langem durch Beobachtungsmeldungen und Fotos dokumentiert. Größere Säugetiere, z.B. auch Damwild, können das Watt zwischen Festland und Insel bei Niedrigwasser (eine Strecke von etwa 3,5 km) überqueren und tun dies auch regelmäßig. Wölfe sind sehr mobil. Sie traben mit etwa 10 km/h, sprinten mit bis zu 50 km/h; Jungwölfe wandern auf der Suche nach einem neuen Revier bis zu 80 km/Tag. Ebenso sind Wölfe gute Schwimmer und können so sicherlich im Watt auch Priele durchqueren.

Wie wurde und wird der Wolf auf der Insel dokumentiert?

Am 20.6. entdeckte die Nationalpark-Rangerin bei der Auswertung der Fotos einer Wildtier-Kamera Bilder des Wolfes, mit Datum vom 6. und 20. Juni. Das Wolfsbüro im NLWKN (Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz) bestätigte, dass es sich um einen Wolf handelt, vermutlich einen jungen Rüden.

Mit folgenden Maßnahmen und Methoden werden die Aktivitäten des Wolfes fortlaufend beobachtet (Monitoring durch die Nationalparkverwaltung mit Unterstützung des NLWKN):

  • Installation weiterer Wildtierkameras im Gelände
  • Einsatz einer Drohne mit Wärmebildkamera (bei Veranlassung, nach kürzlichem belastbarem Hinweis des Tieres)
  • Dokumentation von Trittsiegeln (Pfoten-Spuren) und Losung (Kot) des Wolfes
  • Dokumentation von toten Wildtieren (Damwild, Rehe) mit wolfstypischen Fraßspuren

Ergänzend bittet die Nationalparkverwaltung, Sichtungen des Wolfes zu melden: telefonisch unter 04421 911-0 bzw. per Mail an ; oder nutzen Sie die App „Wolfsmeldungen Niedersachsen“ der Landesjägerschaft Niedersachsen e.V. (Google Play Store)

Wichtig: Gemeint sind Zufalls-Sichtungen beim Wandern oder Radeln über die Insel – gehen Sie bitte nicht gezielt auf die Suche abseits der Wege in geschützten Nationalpark-Bereichen!

Welche Aktivitäten des Wolfes sind bislang durch das Monitoring belegt?

Durch das Monitoring mit den o.g. Maßnahmen und Methoden konnten bisher Aktivitäten des Wolfs im Bereich Südstrandpolder und Ostheller nachgewiesen werden. Neben den ersten Nachweisen am 06.06. und 20.06. konnte der Wolf außerdem am 27. und 28.06., am 02.07., am 13., 14. und 15.07. sowie am 17. und 19.08.2024 nachgewiesen werden. Bei der ersten Drohnenbefliegung wurde ein totes, angefressenes Stück Damwild in der Nähe des Wolfes festgestellt. Risse von Nutz- bzw. Haustieren oder Angriffe auf diese wurden bisher nicht gemeldet oder nachgewiesen.

Die genetische Analyse einer eingeschickten Haarprobe, die im Juni auf Norderney geborgen werden konnte, hat ergeben, dass es sich bei diesem Wolf um das Individuum GW3824m handelt, einen männlichen Welpen des Hechtel-Eksel-Rudels aus 2023 in Belgien. Genetische Spuren von GW3824m konnten auch bei einem Schafsriss (ein Tier) vom 22.07.2024 bei Friederikensiel (Landkreis Friesland) eindeutig zugeordnet werden. Dieser Nachweis belegt, dass GW3824m selbständig seinen Weg von Norderney ans Festland gefunden hat. Die Wildtierkameranachweise vom 17. und 19.08.2024 lassen keine eindeutige Bestimmung des Individuums zu, und es existieren keine genetischen Nachweise aus dieser Zeit.

Neben dem Monitoring der Nationalparkverwaltung wurden nur sehr wenige Sichtungen durch Dritte gemeldet. Von diesem konnten nur zwei bestätigt werden: eine am 02.07.2024 an einem Weg entlang der Ruhezone des Nationalparks und eine durch eine genehmigte (anderweitige) Kartierung innerhalb der Ruhezone am 19.08.2024. In beiden Fällen wurde das Tier kurz gesichtet und flüchtete sofort. Eine Annäherung an die Beobachtenden wurde nicht gemeldet.

Seit Ende August 2024 sind keine Sichtungen durch Dritte oder Nachweise durch unser (weiterhin bestehendes) Monitoring erfolgt.

Mit den genannten Methoden ist es nicht möglich, die Aktivitäten des Wolfes rund um die Uhr zu überwachen. Um diese möglichst engmaschig zu dokumentieren, ist ein intensiver Austausch zwischen den nachstehend genannten Akteuren umso wichtiger.

Welche Akteure sind bezüglich des Austausches von Informationen und des Umgangs mit der Situation „Wolf auf Norderney“ beteiligt?

  • Die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer (federführend)
  • Der niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) mit dem Wolfsbüro in Hannover und den Dienststellen vor Ort (Betriebsstelle Norden)
  • Die Stadt Norderney
  • Der Landkreis Aurich
  • Das niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie & Klimaschutz
  • Die Norderneyer Jägerschaft
  • Die Norderneyer Weidetier-Halter*innen
  • Das Staatsbad Norderney
  • Die Norderneyer Polizei
  • Die Domänenverwaltung des Landes Niedersachsen
  • Die Norderneyer Tierärzt*innen
  • Die Watt Welten (UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer Besucherzentrum Norderney)

Sind Brutvögel auf Norderney durch den Wolf besonders gefährdet?

Vierbeinige Prädatoren (Fressfeinde) können grundsätzlich ein Problem für die bodenbrütenden See- und Küstenvögel sein. Natürlicherweise sind die Inseln frei von bodenlebenden Prädatoren (Säugetiere). Ein natürliches Erreichen über das Watt ist zwar möglich, bei kleineren Tierarten aber unwahrscheinlicher. Bodenbrütende Vogelarten auf den Inseln haben sich an diese Freiheit vor Bodenprädatoren angepasst und konzentrieren sich auf Inseln, insbesondere Kolonie brütende Arten wie Seeschwalben, Möwen oder Löffler. Durch menschliches Zutun wurden einige Prädatoren-Arten dennoch auf den Inseln sesshaft und haben zu erheblichen Problemen bei den Vogelarten geführt. Auch streunende bzw. verwilderte Hauskatzen oder Igel gehören in diese Kategorie. Sie wurden von Menschen auf die Inseln eingebracht. Gerade Igel können als Nesträuber zu erheblichen Problemen beim Schlupf- und Bruterfolg bodenbrütender Vögel führen.

Wölfe sind bisher nur wenig als Gelegeräuber nachgewiesen. Eine zusätzliche Gefährdung der Brutvögel ist daher nicht zu erwarten, Vögel und Vogeleier spielen im Nahrungsspektrum von Wölfen nur eine untergeordnete Rolle, nach Analysen von Wolfskot sind es unter 0,1%.

Sind Weidetiere auf Norderney durch den Wolf gefährdet?

Wolfsrisse von Schafen, Pferden, Rindern und anderen Nutztieren sind in allen Wolfsgebieten ein Problem. Auf Norderney gibt es keine Schafe, aber eine Reihe von Pferden, auch Pensionspferde, und eine Galloway-Herde. Die Ängste von Weidetier-Halter*innen nehmen wir sehr ernst. Nachdem die Anwesenheit des Wolfs auf Norderney bekannt wurde, fand ein Informationsgespräch mit allen Beteiligten auf der Insel statt. Das Wolfsbüro brachte Material zur Sicherung der Weideflächen mit.

Nach den aktuell vorliegenden Informationen (keine Meldung von Nutztier-Rissen) hat sich der Wolf bisher auf der Insel von Weidetieren ferngehalten. Daher bleibt es wichtige Aufgabe der Nationalparkverwaltung, zusammen mit allen genannten Beteiligten, die Aktivitäten des Wolfs so gut wie möglich im Auge zu behalten, um Konflikten vorzubeugen bzw. ggf. zielgerichtet reagieren zu können.

Ist der Tourismus auf Norderney durch den Wolf gefährdet?

Direkte Interaktionen des Wolfs mit Menschen sind auf Norderney bislang nicht dokumentiert worden. In der Regel flüchtet das Tier vor den Menschen. Für eine Gefährdung des Tourismus oder für einzelne Menschen durch den Wolf gibt es keine Anzeichen, diese sind auch nicht zu erwarten.

Wie verhält man sich im Fall einer Wolfsbegegnung?

Vor allem gilt: ruhig bleiben. Mit Blick auf den Wolf langsam zurückziehen, aber nicht wegrennen. Vor allem neugierige Jungwölfe lassen manchmal Distanz vermissen. In diesem Fall hilft: laut werden! In keinem Fall sollten Sie den Wolf füttern. Genaue Empfehlungen des Wolfsbüros finden Sie hier https://www.nlwkn.niedersachsen.de/wolfsburo/verhaltenstipps/begegnung_mit_wolfen/wenn-sie-einem-wolf-begegnen-153953.html

Grundsätzlich und immer sollten im Nationalpark die Regeln für ein angenehmes und sicheres Miteinander von Mensch und Natur eingehalten werden, die auch im Umgang mit dem Wolf sinnvoll sind:

  • Nähern Sie sich den Wildtieren nicht an. Der Wolf ist nicht das einzige und nicht das größte Raubtier, dem Sie hier begegnen könnten. Auch von Seehunden und Kegelrobben sollte man respektvollen Abstand halten.
  • Hunde müssen im Nationalpark immer an der Leine geführt werden.
  • Bleiben Sie beim Erkunden des Nationalparks – zu Fuß, zu Pferde, mit dem Rad – immer auf den zugelassenen Wegen und Flächen.
  • Lassen Sie keinen Müll in der Natur liegen, im Besonderen keine Lebensmittelreste. Wenn Wölfe und auch andere Wildtiere den Menschen als „fast-food-Quelle“ wahrnehmen, verlieren sie die natürliche, gesunde Scheu.

Könnten Wölfe auch auf andere Ostfriesische Inseln gelangen?

Grundsätzlich könnten Wölfe zu allen Inseln laufen, die auch von Menschen oder von anderen Säugetieren innerhalb einer Tide erwandert werden können, bevor das auflaufende Wasser den Weg abschneidet. Ein direktes Wandern von Insel zu Insel ist nicht möglich, da sie durch tiefe Seegats mit starker Strömung voneinander getrennt sind.

Pressekontakt

Imke Zwoch
Pressesprecherin
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