MOIN, MOIN …
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15.03.2015 |
März 2015
© LKN-SH / Montage: Dockhorn
Ob zu Lande oder in der Luft: Seit der Gründung des Nationalparkes vor 30 Jahren ist im schleswig-holsteinischen Wattenmeer nach und nach Frieden eingekehrt. Von wenigen Ausnahmen abgesehen: Keine Schüsse, keine Tiefflieger mehr über weiten Wattflächen, und auch andere Flugzeuge bewegen sich in den Lüften meist auf einer naturverträglichen Höhe.
Was die zivile Luftfahrt angeht, sind 1995 und 2011 wichtige Eckdaten. Vor 20 Jahren nämlich wurde die Luftverkehrsordnung geändert. Nach Paragraf 6, Absatz 3 gilt nun überall eine Mindestflughöhe von 2000 Fuß, das sind etwa 600 Meter. Sechs Jahre später wurden die sogenannten ABAs wirksam. Die Abkürzung steht für Aircraft relevant Bird Areas. Solche „relevant bird areas“, also relevante Vogelgebiete, sind seitdem in Luftfahrerkarten eingezeichnet und sollen sowohl die Vogelwelt schützen als auch Flugzeuge gegen den gefährlichen Vogelschlag.
Seit 2002 sind auch Tiefflüge über Salzwiesen und Seehundbänken Geschichte. Für den militärischen Flugverkehr über der sogenannten Coastal Area gilt seitdem für Jets eine Mindestflughöhe von 3000, für Propellermaschinen von 2000 Fuß. Das als „Coastal Area“ definierte Gebiet deckt sich zwar nicht vollständig, aber weitgehend mit dem des Nationalparkes. Tausende von Flugbewegungen, auch über dem Watt, sind zudem durch die Reduzierung oder den Wegzug von Streitkräften aus der Küstenregion, unter anderem aus Husum und Leck, entfallen.
Naturschutz braucht Geduld
Stichwort militärische Nutzung: Im Königshafen von List auf Sylt, ehemals Standort für Schießübungen der NATO, stehen längst keine Fässer mehr, die Piloten von Militärflugzeugen als Zielscheibe für Luft-Boden-Raketen dienen: Bereits seit 1992 führen allein Tiere und Pflanzen das Regiment über die gut vier Quadratkilometer große Bucht.
Apropos Schießen: Hier setzte die am 1. Januar 2000 in Kraft getretene Novelle des Nationalpark-Gesetzes, die auch eine seewärtige Erweiterung des Schutzgebietes mit sich brachte, eine entscheidende Landmarke in Form des endgültigen „Aus“ für die Jagd im Nationalpark. Ausnahmen, etwa aus tier- oder artenschutzrechtlichen Gründen, bleiben möglich. Und das derzeit laufende Prädationsmanagement (siehe Nationalpark Nachrichten Ausgabe 1) zeigt: Wenn es darauf ankommt, die sensible Wattenmeernatur (in diesem Fall Brutvögel) zu schützen, ziehen Verwaltung, Naturschutzverbände und Jäger an einem Strang.
Auch in der Meldorfer Bucht ist es ruhig geworden. Wurden im Gründungsjahr des Nationalparks 1985 noch 63 Tage für die dort vertraglich zugelassenen Munitionserprobungen genutzt, waren es seit 1998 bis heute nur noch insgesamt 14 Tage. Aber, kleiner Wermutstropfen: Das Recht der Bundeswehr besteht weiter. Und es wird, wie die fünf Erprobungstage im vergangenen November gezeigt haben, weiter ausgeübt – ungeachtet der Einwände unter anderem der Nationalparkkuratorien und der einhelligen Überzeugung, dass es mit dem Grundgedanken eines Nationalparkes unvereinbar ist. Wie bei so vielen Themen und Problemen, für die im Laufe von 30 Nationalparkjahren Lösungen gefunden wurden, gilt hier die Devise: Naturschutz braucht Geduld und einen langen Atem.
© Kreis Nordfriesland
Landrat und Vorsitzender des Nationalpark-Kuratoriums Nordfriesland
1. Was verbindet Sie persönlich mit dem Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer?
Ich bin auf der Insel Pellworm geboren worden, lange bevor der Nationalpark gegründet wurde. Als Kinder haben wir häufig in der Nordsee gebadet, im Watt gespielt, Krabben mit der Gliep und Butt mit den Händen gefangen und sicherlich auch so manches getan, was heute nicht mehr erlaubt ist. Das Wattenmeer erinnert mich deshalb immer wieder an ein wichtiges Stück meiner Kindheit und Jugend.
Als der Nationalpark gegründet wurde, war ich hin- und hergerissen: Ich konnte dem Schutzgedanken einiges abgewinnen, denn neben positiven Erinnerungen habe ich auch die Zeiten nicht vergessen, in denen man große Mühe hatte, sich die Öl- und Teerreste von den Füßen zu waschen, wenn man aus dem Watt zurückkam. Wichtig ist allerdings auch ein Konsens darüber, dass traditionelle Nutzungen weiterhin möglich bleiben müssen. Hierdurch kann viel zur Akzeptanz beigetragen werden.
Der Nationalpark ist für mich, wie wohl für die meisten Nordfriesen, ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil meiner Heimat geworden. Welch einen Schatz wir hier vor der Haustür haben, wird mir auch immer wieder durch Besucher von außerhalb bestätigt, mit denen ich zum Beispiel eine Lorenfahrt nach Oland unternehme. So viele begeisterte „Ahs“ und „Ohs“ hört man sonst selten.
2. Welche Errungenschaft halten Sie für die wichtigste seit Gründung des Nationalparks im Jahre 1985?
Die wichtigste Errungenschaft ist für mich der weitgehende Konsens zwischen „Nützern und Schützern“, den wir in langen, tiefgehenden Auseinandersetzungen inzwischen erreicht haben. Die Einigkeit über die Zustimmung zum Nationalpark ist mittlerweile so verbreitet, dass selbst das Gegensatzpaar „Nützer und Schützer“, das noch in den 1990er Jahren in aller Munde war, inzwischen veraltet klingt, und tatsächlich habe ich den Ausdruck schon lange nicht mehr gehört.
Zu den großen Errungenschaften der letzten 30 Jahre gehört aber auch die breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit der Nationalparkverwaltung, die großes Lob verdient. Man schützt ja nur, was man kennt und respektiert, und mit Hilfe einer unüberschaubaren Anzahl von Wattführungen, Seminaren, Vorträgen, Broschüren und Faltblättern, durch den Betrieb von Nationalparkhäusern und des Multimar Wattforums sowie mit etlichen anderen Maßnahmen ist es der Nationalparkverwaltung gelungen, das Bewusstsein über den Wert und die Schutzbedürftigkeit des Wattenmeeres fest in den Köpfen und Herzen auch unserer Urlaubsgäste zu verankern. Das muss man gleichzeitig als eine sehr lohnende Investition in die Zukunft des Nationalparks betrachten.
3. Wo steht der Nationalpark in Sachen Wattenmeerschutz im 30. Jahr seines Bestehens?
Der Nationalpark steht in einem ständigen Dialog mit Fischern, Touristikern und anderen Gruppen, etwa in den Kuratorien auf Kreisebene. Das ist auch dringend erforderlich, weil es immer wieder Besprechungsbedarf gibt. Obwohl in den letzten Jahrzehnten viele Fortschritte erreicht wurden, steht die Nordsee und mit ihr das Wattenmeer immer noch vor großen Herausforderungen. Erst 2012 wurde in einer großangelegten Untersuchung festgestellt, dass Nord- und Ostsee sich in keinem guten Umweltzustand befinden. Zu den Hauptursachen gehört die Überdüngung insbesondere der Küstengewässer durch die Landwirtschaft. Da sehe ich dringenden Bedarf für neue Maßnahmen.
© Schutzstation Wattenmeer
Eigentlich ist es ganz einfach: Plastikmüll schädigt die Tiere des Meeres. Diese Erkenntnis ist offensichtlich, denkt man etwa an Eissturmvögel, die mit vollem Magen verhungern oder an Basstölpel, die Plastikstränge zum Nestbau verwenden und sich nicht selten mit tödlicher Wirkung darin verheddern. Ebenso bekannt ist, dass das Problem nicht proportional zur Größe des Mülls abnimmt – im Gegenteil. Plastik zerfällt im Laufe seines Lebens zu immer kleineren Teilchen und das so entstandene Mikroplastik wird unerkannt mit der natürlichen Nahrung der Tiere aufgenommen. Und dennoch gestaltet sich das Plastikmüllproblem vielschichtiger als erwartet, wie Mark Lenz vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel bei einem Vortrag im Nationalpark-Zentrum Multimar Wattforum verdeutlichte.
Lenz ist wissenschaftlicher Koordinator des in Kiel entstandenen GAME (Global Approach by Modular Experiments)-Programms, dessen Ziel es ist, identische und damit vergleichbare Experimente in verschiedenen Teilen der Welt durchzuführen, um so die Einflüsse von Phänomenen wie invasiven Arten oder Eutrophierung auf verschiedene Ökosysteme zu untersuchen. „Ein solcher Ansatz wird in der ökologischen Forschung schon seit langem gefordert – aufgrund des hohen Aufwands wurde er bisher jedoch kaum umgesetzt“, so Lenz.
Um die Auswirkungen von Mikroplastik auf wirbellose Meerestiere zu erforschen, untersuchte das GAME-Team unter anderem den auch bei uns heimischen Wattwurm in Wales, die Pazifische Miesmuschel in Japan und eine an der portugiesischen Küste vorkommende Seegurkenart. Dabei stellten sich die jungen Forscherteams aus jeweils einem deutschen und einem ausländischen Studenten drei Hauptfragen: Welche Arten reagieren am empfindlichsten auf die Müllbelastung, verstärkt sich die Wirkung mit der Menge des zugeführten Mikroplastiks und machen zusätzliche, vom Mikroplastik absorbierte potentielle Schadstoffe einen Unterschied für die Tiere?
Die gewonnenen Ergebnisse sind vielfältig und komplex: Jede Tierart reagiert anders, die unter die Lupe genommenen Überlebens-, Respirations- und Filtrationsraten sowie die Produktion von Byssusfäden bei Muscheln folgten keinem einheitlichen Muster. Fest steht jedoch: Mikroplastik beeinflusst das Leben im Meer – und könnte sich damit, vor allem im Zusammenspiel mit anderen Faktoren wie globaler Erwärmung und Ozeanversauerung, auch auf die Struktur ganzer Ökosysteme auswirken.
Wissenschaftler empfehlen Politikern und Privatpersonen deshalb zu Recht, sich beim Plastikkonsum auf fünf “R” zu besinnen: Refuse (Verbot besonders bedenklicher Substanzen), Reduce (Anzahl von Einwegverpackungen verringern), Reuse (Kunststoff so oft wie möglich wieder verwenden), Recycle (Müll fachgerecht in den Gelben Sack entsorgen) und Rethink (in allen Lebensbereichen über Alternativen nachdenken). Mehr Informationen zum Plastikmüllproblem, zu Forschungsvorhaben und Müll-Projekten gibt es im Newsletter der Schutzstation Wattenmeer (http://www.schutzstation-wattenmeer.de/fileadmin/schutzstation/dokumente/Zeitschrift_wattenmeer/wattenmeer2014-3Meeresmuell.pdf) sowie bei der BUND-Inselgruppe Föhr unter http://www.bund-foehr.de/unsere_projekte_auf_foehr/plastikarme_inselumwelt/
Ungefiltert in die Umwelt
Auch unsere Wattenmeerregion ist stark mit Plastikmüll belastet. Die Hauptquellen dieses Abfalls sind Fischerei und Schiffsverkehr. Zahlenbeispiel aus dem OSPAR-Strandmülllerfassungsprogramm: Zwischen 2002 und 2008 wurden an vier verschiedenen Stränden des Wattenmeeres zwischen Juist und Sylt auf einer Strecke von jeweils 100 Metern im Schnitt 236 angeschwemmte Müllteile gezählt. Rund drei Viertel des gefundenen Abfalls bestand aus Plastik, 30 Prozent der Gesamtfunde aus Fischernetzen, Leinen und Seilen (Quelle: Quality Status Report on Marine Litter, herausgegeben vom gemeinsamen Wattenmeersekretariat in Wilhelmshaven, 2009). Die OSPAR-Konvention ist ein 1992 geschlossenes Abkommen von 15 europäischen Staaten zum Schutz der Nordsee und des Nordatlantiks.
Mikroplastik versteckt sich übrigens auch in Kosmetikprodukten wie Peelings und Zahnpasta sowie in Kleidungsstücken aus Fleece: Die Kunststoffpartikel sind so winzig, dass sie von modernen Kläranlagen nicht mehr herausgefiltert werden können und damit ungefiltert in die Umwelt gelangen. Um auf diese unsichtbare, große Gefahr aufmerksam zu machen, hat die 2014 gegründete Initiative „Küste gegen Plastik“ dem schleswig-holsteinischen Umweltminister Robert Habeck kürzlich eine Petition übergeben, die von tausenden Nordfriesen und Urlaubern unterschrieben wurde.
Nicole Sollfrank
© Stock / LKN-SH
Bei den Kegelrobben auf Helgoland ist in dieser Wurfsaison ein Rekord zu verzeichnen: 247 Jungtiere sind im Verlauf der vergangenen Wochen auf der Düne herangewachsen, berichtet Seehundjäger Michael Janßen.
Nachdem die größeren Verwandten der Seehunde jahrhundertelang im Wattenmeer als ausgestorben galten, tauchten erste Kolonien in den 1980er Jahren im niederländischen und deutschen Wattenmeer wieder auf. In Schleswig-Holstein beherbergt die Helgoländer Düne mittlerweile eine mehrhundertköpfige Population, eine kleinere Gruppe lebt vor Sylt und Amrum.
Die Zahl der Geburten in der dortigen Wattenmeer-Kolonie ist deutlich schwieriger zu beziffern: „Ein kontinuierliches Monitoring findet insbesondere auf den Sänden nicht statt, wir sind auf die Beobachtungen der Naturschutzverbände angewiesen“, erläutert der in der Nationalparkverwaltung für das Thema Kegelrobben zuständige Armin Jeß die Situation.
Fest steht: Erstmals sind mehrere Kegelrobben auf Amrum zur Welt gekommen. Nach Angaben aus dem Naturzentrum der Insel wurden hier im Verlauf der Saison sieben Kegelrobbenjunge regelmäßig gesichtet. Auf dem Norderoogsand habe es mit Sicherheit Geburten gegeben, sind die Experten überzeugt – wie viele, sei aber unbekannt. Fazit von Dr. Thomas Chrobock aus dem Naturzentrum: „Wir haben 16 definitive Nachweise, allerdings handelt es sich nur um die Minimalzahl und es haben vermutlich noch einige weitere Geburten stattgefunden. Dunkelziffer unbekannt.“
© Kaminski / LKN-SH
Junge Seehasen geben den Aquarianern im Multimar Wattforum Rätsel auf: 30 Exemplare dieser niedlichen Fische ohne Schuppen werden hier aufgezogen – und sie wachsen extrem unterschiedlich. Einige sind gerade mal drei, andere mehr als zehn Zentimeter groß. Aquarienleiter Birger Kreutz ist ratlos: „Für das unterschiedliche Wachstum der Seehasen finden wir keine Erklärung.“
Geboren wurden die Seehasen vor zehn Monaten und seitdem hinter den Kulissen großgezogen. Aber warum die extrem unterschiedlichen Wachstumsprozesse trotz gleicher Voraussetzungen? Denn einen genetischen Unterschied gibt es nicht, alle Exemplare haben dieselben Eltern, alle leben unter identischen Bedingungen: Sie sind im selben Aquarium aufgewachsen, die Wassertemperatur ist für alle gleich und als Futter erhalten sie Kleinkrebse. Birger Kreutz: „Das machen wir so seit 15 Jahren, seit der Eröffnung des Multimar Wattforums.“
Aus der Biologie ist sehr wohl das Phänomen bekannt, dass sich Fische in verschiedenen Gewässern und unter verschiedenen Bedingungen unterschiedlich entwickeln – ihr Wachstum verläuft wesentlich unregelmäßiger als bei Warmblütern. Bei Seehasen kommt noch die Besonderheit dazu, dass Weibchen mit bis zu 60 Zentimetern Länge bis zu doppelt so groß werden können wie die Männchen (30 Zentimeter). Mit dem Geschlechterunterschied allerdings haben die derzeitigen Wachstumsunterschiede nach Überzeugung der Experten nichts zu tun.
Seehasen kommen vornehmlich in den Küstengewässern des nördlichen Atlantiks vor und ernähren sich von kleineren Fischen, Krusten- und Weichtieren. Sie sind übrigens vergleichsweise schlechte Schwimmer und damit in der Natur selbst eine beliebte Nahrung für Robben. Das kann den Tönninger Seehasen nicht passieren: In den Aquarien des Multimar führen sie ein sicheres Leben …
© Friesenrat
Biike-Empfang mit Trachten und viel Prominenz im Multimar Wattforum: So weit im „Süden“ treffen sich die nordfriesischen Friesen nur selten. Über 180 Besucher waren am traditionellen Tag der Biike, dem 21. Februar, zum gleichnamigen Empfang des Friesenrates ins Multimar Wattforum gekommen. Gemeinsam mit vielen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung – darunter auch unser Umweltminister Robert Habeck, auf dem Foto 2. von rechts – feierten sie die Aufnahme des Biikebrennens ins nationale Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der UNESCO.
© H. Wells / LKN-SH
So viele Zeitzeugen, da hatte der Vorsitzende der Schutzstation Wattenmeer Johann Waller sicherlich recht, würden wohl kaum wieder zusammenkommen: Fast als Familientreffen von Wattenmeerfans und Naturschützern erwies die Tagung „Mit uns für das Watt“ im Christian Jensen Kolleg in Breklum. Im Mittelpunkt standen die Geschichte des Naturschutzes im schleswig-holsteinischen Wattenmeer von den Anfängen bis zur Nationalparkgründung 1985 sowie die Rolle der damals weitgehend ehrenamtlich organisierten Verbände bei dieser Entwicklung. Die Veranstaltung bildete den inoffiziellen Auftakt der Feierlichkeiten zum 30-jährigen Nationalpark-Jubiläum und zugleich die vorläufige Bilanz eines seit 2012 laufenden Zeitzeugenprojektes der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) und der Schutzstation Wattenmeer.
In Gesprächsrunden, Vorträgen und Statements einzelner Akteure wurde aus unterschiedlichen Perspektiven an die Vorgeschichte des Nationalparkes erinnert. Als „Gesamtschau aller Fakten“ bezeichnete Projekt- und Tagungsleiter Prof. Hans-Peter Ziemek von der Gießener Universität diesen Tag mit rund 100 Teilnehmern – „alten Kämpen“ ebenso wie ihren jüngeren Nachfolgerinnen und Nachfolgern.
“Freiwillig, bedingungslos und freudig”
Beleuchtet wurde dabei der lange Weg von ersten Ideen zum Schutz des Lebensraumes Wattenmeer. Wer weiß heute noch, dass einstmals an der Westküste ein „Großreservat Halligmeer“ und ein „Nationalpark Halligen“ diskutiert wurden? Dass es schließlich 1985 zur Gründung des Nationalparkes Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer kam, daran haben die Naturschutzverbände und allen voran die Schutzstation Wattenmeer entscheidenden Anteil.
Denn sie war es, die mit ihrer Gründung 1962 durch „einige junge Wilde“, wie Johann Waller formulierte, die Idee des „pädagogischen Naturschutzes“ ins Wattenmeer trug. Und bevor in späteren Jahren die ersten Stellen für Hauptamtliche geschaffen wurden, geschah die Arbeit ausschließlich ehrenamtlich: „freiwillig, bedingungslos und freudig“, wie Hans Otto Meier, Mitinitiator und heute im Ältestenrat der Schutzstation, versicherte.
Bis heute ist die Schutzstation der im Nationalpark am stärksten vertretene betreuende Naturschutzverband. Wichtige Rollen spielten und spielen aber auch der WWF (World Wide Fund for Nature) – besonders bei dem Konflikt um die 1987 realisierte Eindeichung der Nordstrander Bucht – sowie der bereits 1907 gegründete Verein Jordsand als früher Vorreiter des Naturschutzes im Wattenmeer.
“Es hätte auch anders kommen können”
In einem spannenden Dialog zeichneten Hans-Peter Ziemek und Hans Werner Frohn von der Stiftung Naturschutzgeschichte die parallele Entwicklung in Schleswig-Holstein und Niedersachsen nach, wo 1986 ebenfalls ein Wattenmeer-Nationalpark entstand. Und in spontan zusammengestellten „Sofarunden“ kamen dann sowohl Praktiker (Naturschützer vor Ort) als auch Planer (in Ministerien und Landesverwaltung) zu Wort – und einiges Überraschendes ans Tageslicht, zum Beispiel zu den politischen Hintergründen.
Denn während zum Beispiel mancher Beteiligte gerätselt haben mag, was die Landesregierung Anfang der 1980er Jahre dazu bewog, die 1976 wegen heftiger Widerstände vor Ort ad acta gelegten Planungen für einen Nationalpark wieder aufzunehmen, hatte Peter-Uwe Conrad dafür eine ganz simple Erklärung parat: Es sei der Ehrgeiz des jungen Ministerpräsidenten Uwe Barschel gewesen, der sich von den ebenfalls mit Nationalparkkonzepten beschäftigten Niedersachsen „nicht die Schau stehlen lassen wollte“, so die Einschätzung des damaligen Abteilungsleiters im Landwirtschaftsministerium.
Viele Faktoren – Zufälle, engagierte Einzelpersonen, persönliche Interessenlagen – hätten dazu beigetragen, dass in diesem Jahr der 30. Nationalparkgeburtstag gefeiert werden kann, so das Fazit von Hans-Peter Ziemek: „Es hätte auch anders kommen können.“ Einig waren sich alle Protagonisten jedoch auch darin: Ohne engagierte Ehrenamtler gäbe es diesen Nationalpark wohl nicht, jedenfalls nicht seit 30 Jahren und in seiner jetzigen Struktur. Wie der Leiter der Nationalparkverwaltung Dr. Detlef Hansen in seinem Grußwort betonte: Bei allen Gemeinsamkeiten mit anderen Nationalparks – der ehrenamtliche Naturschutz ist ein Alleinstellungsmerkmal in Schleswig-Holstein.
Titel oben: Weggefährten und ehemalige Kontrahenten im Gespräch: von links Henning Thiessen, früherer Mitarbeiter im heutigen Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Detlev Drenckhahn, früherer Sprecher der Aktionsgemeinschaft Nordseewatten, Peter-Uwe Conrad, ehemaliger Leiter der Abteilung Umweltschutz und Landschaftspflege im Landwirtschaftsministerium sowie Hans-Joachim Augst, Mitarbeiter im Landesamt
© Borcherding
Muscheln, Krebse, Algen, angeschwemmte Knochen oder ganz rätselhafte Dinge: Am Nordseestrand gibt es viel Spannendes zu entdecken. Die Schutzstation Wattenmeer hat jetzt eine Website eingerichtet, die Watterkundern und Strandwanderern Hilfe bei der Bestimmung ihrer Funde bietet. „Das war eine gemeinsame Idee mit den Dänen und Holländern, entstanden bei einem Treffen der internationalen Wattenmeerschule IWSS“, berichtet Mitinitiator Rainer Borcherding.
Bei einem Gespräch in gemütlicher Kaffeerunde sei aufgefallen, wie wenig die einen eigentlich davon wissen, was sich an den Stränden der jeweils anderen so einfindet. „Darum wollten wir das gleich auch trilateral realisieren“, so Biologe Borcherding. Ob Pflanzen, Tiere, Spuren oder „seltsame“ Gegenstände: Anhand einer Fotodatenbank auf der Website www.beachexplorer.org kann man eigene Funde identifizieren oder Fundmeldungen senden, die an Experten weitergeleitet werden. Die Website ist auch auf Smartphones und Tablets benutzbar. Eine spezielle App ist für Android soeben erschienen, für Apple und Microsoft in wenigen Tagen verfügbar.
© Zwoch / NLPV
Ranger sind seit einigen Wochen auch im niedersächsischen Wattenmeer unterwegs: Nico Erdmann und Onno K. Gent heißen die ersten hauptamtlichen Schutzgebietsbetreuer im dortigen Nationalpark. Nationalparkleiter Peter Südbeck ist begeistert: „Zehn neue, bei der Nationalparkverwaltung angesiedelte Ranger-Stellen sind ein Meilenstein für den Schutz des Nationalparks und UNESCO-Weltnaturerbes.“
Der Arbeitsbeginn von Erdmann und Gent ist nämlich nur der Anfang. Der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel hatte im vergangenen Jahr angekündigt, dass insgesamt zehn Ranger-Stellen für den Nationalpark geschaffen werden sollen; in den Haushaltsberatungen des Landtages für 2015 wurde das Vorhaben dann festgeklopft.
Der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer ist ein Jahr nach dem schleswig-holsteinischen gegründet worden und umfasst rund 345.000 Hektar Fläche entlang der niedersächsischen Nordseeküste zwischen Borkum und Cuxhaven. Für die Schutzgebietsüberwachung waren bisher sechs Dünen- und Nationalparkwarte des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) zuständig, die jedoch nur einen Teil ihrer Arbeitszeit dafür zur Verfügung hatten.
Mittler zwischen Mensch und Natur
Mit den Vollzeit-Rangern wird sich die Betreuung vor Ort nun erheblich verbessern, ist man in der Nationalparkverwaltung überzeugt. Zudem werden künftig Fachkräfte an bisher nicht betreuten Orten als Mittler zwischen Mensch und Natur präsent sein. Unterstützt werden sie dabei weiterhin von der ehrenamtlichen Nationalparkwacht.
Einsatzorte für Nico Erdmann und Onno K. Gent sind die Insel Norderney und die Festlandsküste vom Dollart bis ins Norderland. Zu den Einsatzorten für ihre künftigen Ranger-Kollegen zählen Spiekeroog und die Küste der Wesermarsch. Für die beiden ersten Ranger ist die Arbeit vor Orts übrigens nichts Unbekanntes: Beide waren hier bereits seit dem vergangenen Jahr (auf befristeten Stellen) als Fachkräfte für Artenschutz tätig.
Wen es interessiert: Die Stellenausschreibung für die weiteren acht Schutzgebietsbetreuer läuft noch bis zum 17. März. Sie ist im Internet zu finden unter: http://www.nationalpark-wattenmeer.de/nds/misc/stellenausschreibung-schutzgebietsbetreuung-ranger/2788
Unser Foto: Bei der Unterzeichnung der Arbeitsverträge in der Nationalparkverwaltung (v. l.): Britta Schmidt (Koordinatorin Nationalparkwacht), Peter Südbeck (Leiter) und Bernd Oltmanns (Regionalbetreuer Norderney und Norderland) mit den beiden ersten Rangern Nico Erdmann und Onno K. Gent | © Zwoch / NLPV
© Bockwoldt / LKN-SH
Erstmals hat sich der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer als außerschulischer Lernort und Reiseziel für Klassenfahrten in diesem Jahr bei der Bildungsmesse Didacta in Hannover präsentiert. Die Messe habe sich als ideale Plattform erwiesen, um die Bildungsangebote der Nationalparkverwaltung in ihrer ganzen Vielfalt einem interessierten Publikum nahezubringen, bilanziert der Leiter des Fachbereichs Bildung Dr. Gerd Meurs.
Bildungsarbeit ist ein wichtiger Bestandteil des Schutzauftrages im Nationalpark Wattenmeer. Koordinierungsstelle für die Bildungsangebote ist die zentrale Informationseinrichtung des Nationalparks, das Multimar Wattforum in Tönning. Die dortige Ausstellung wird durch eine Vielzahl von vertiefenden Lernangeboten direkt im Nationalpark ergänzt, zum Beispiel Wattwanderungen, Vogelbeobachtungen und Schiffsausflüge. Darüber hinaus bietet der umfassende Service der Nationalparkverwaltung Lehrkräften aller Schulformen und Jahrgangstufen Unterstützung bei der individuellen Programmplanung, Materialien zur Vor- und Nachbereitung von Unterrichtseinheiten, Hilfestellung bei der Suche von Unterkünften oder Hinweise zur Anreise sowie ein praxisorientiertes Fortbildungsangebot.
All diese Angebote konnten bei der weltgrößten Bildungsmesse einem breiten und fachkundigen Publikum nahegebracht werden. Eigens für die Didacta wurde dafür ein Infoblatt mit dem Titel „Bildungsangebote für Schulklassen“ zusammengestellt, das diese anschaulich auf einen Blick illustriert. Auf der Nationalpark-Website steht dieses Faltblatt zum Download zur Verfügung.
© Nationalpark Vadehavet
Eine Sonderausgabe des dänischen „Nationalpark-Magasins“ ist kürzlich in deutscher und dänischer Sprache erschienen. Das Hochglanzheft unter dem Titel „Nationalpark-Magasin Maritim“ widmet sich dem Thema Naturerlebnis. Es ist ein Produkt des EU-Interreg-Projekts „Natur und Tourismus an der deutsch-dänischen Nordseeküste“, in dem der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und der Nationalpark Vadehavet seit 2012 zusammenarbeiten, und wird von beiden Verwaltungen herausgegeben. Weitere Projektpartner sind der Nordsee-Tourismus-Service und die Rømø-Tønder Turistforening. “Mit diesem Magazin möchten der Nationalpark Wattenmeer in Schleswig-Holstein und der Nationalpark Vadehavet in Dänemark die Aufmerksamkeit auf einige besondere Erlebnisse dieser Region richten“, schreibt der Leiter der Nationalparkverwaltung in Tönning, Dr. Detlef Hansen, im Vorwort.
Durch Interreg-Mittel wurde eine Gesamtauflage von 10.000 Exemplaren finanziert, von denen den Beteiligten je 5.000 zur Verfügung stehen. Hierzulande wurden und werden diese unter anderem in den Nationalparkkuratorien, bei Veranstaltungen und bei der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin verteilt. „Bei den dänischen Nationalpark-Partnern war die Nachfrage so groβ, dass man sich entschlossen hat, gleich den Anteil zu verdoppeln und aus eigener Tasche zu finanzieren“, berichtet Projektmitarbeiterin Melanie Christiansen vom dänischen Wattenmeer-Nationalpark.
Das „Nationalpark Magasin“ selbst wird vom Nationalpark Vadehavet herausgegeben. Die erste Ausgabe erschien im vergangenen Jahr in einer Auflage von 40.000 Stück, noch in diesem Frühjahr wird die nächste erwartet. Wie alles Informationsmaterial des Nationalpark Vadehavet gibt es sowohl das klassische Nationalpark-Magazin als auch die „Maritim“-Sonderausgabe in einer Print- und einer digitalen Version, online zu finden unter http://issuu.com/nationalpark_vadehavet/docs/nationalpark_magasin_no_1 und http://issuu.com/nationalpark_vadehavet/docs/npv_magasin_maritim_2015__screen/1
© Ahlborn / LKN-SH
Nach dem inoffiziellen Auftakt bei der Tagung „Mit uns für das Watt“ (siehe Bericht in der Rubrik AKTIVE NATURSCHUTZVERBÄNDE) starten wir jetzt mit Volldampf in die Geburtstagsangebote zum 30-jährigen Jubiläum des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Geplant sind Veranstaltungen gemeinsam mit vielen Partnern.
Den Auftakt übernimmt die Schutzstation Wattenmeer am 30. März unter dem Motto „Ab ins Watt!“ mit insgesamt 17 Einzelveranstaltungen an vielen Orten entlang der Küste von Hörnum auf Sylt bis nach Friedrichskoog. In Büsum etwa startet eine Wattwanderung um 14.00 Uhr (ab Badestelle Perlebucht) und im Nationalpark-Haus St. Peter-Ording findet von 14.00 bis 18.00 Uhr ein Aktionstag mit Ausstellungsführung, Kinderschminken und einem Vortrag über die Arbeit der Schutzstation in St. Peter statt. Ebenfalls am 30. März bietet das Multimar Wattforum in Tönning eine „Geburtstagsführung“ (14.00 Uhr) an.
Bis einschließlich September sind dann jeweils am 30. eines Monats weitere Events geplant, von Exkursionen der Nationalparkwatt- und Gästeführer über Ausstellungen bis zum Sommerfest im Multimar Wattforum. Offizieller Geburtstag ist der 1. Oktober: An diesem Tag im Jahr 1985 trat das Nationalparkgesetz in Kraft und der erste Wattenmeer-Nationalpark Deutschlands wurde Realität.
© Stock / LKN-SH
Riesige Schwärme von Ringelgänsen finden sich jetzt nach und nach auf den nordfriesischen Halligen ein – und Vogelfreunde können an diesem Naturschauspiel hautnah teilhaben: Bereits zum 18. Mal laden Halliggemeinden, Naturschutzverbände und die Nationalparkverwaltung zu den Ringelganstagen ein.
Vom 18. April bis zum 3. Mai wird auf den nordfriesischen Halligen ein vielfältiges Programm geboten, bei insgesamt an die 100 Einzelveranstaltungen von Gänsebeobachtungen und Exkursionen über Vorträge bis zu Bastelaktionen. Zu den diesjährigen Höhepunkten gehören, neben der feierlichen Eröffnung mit Verleihung der goldenen Ringelgansfeder am 18. April auf Hooge, ein Konzert der Dragseth-Band im Amsinck-Haus im Sönke-Nissen-Koog am Übergang zur Hamburger Hallig am Freitag, 24. April (19.30 Uhr) – sowie Tagesausflüge zur Hallig Süderoog und zur Hallig Nordstrandischmoor (beide am 2. Mai, mit Anmeldung).
Als Einstimmung auf die Ringelganstage wird am 30.März (um 18.00 Uhr) eine Ausstellung mit Bildern des Naturmalers Christopher Schmidt im Husumer Rathaus eröffnet. Der 1965 im nordrhein-westfälischen Wuppertal geborene Künstler hat sich mit seiner Arbeit ganz der Natur verschrieben, insbesondere der Vogelwelt. Die Ausstellung läuft noch bis zum 22. April. Weitere Informationen zu den Ringelganstagen und alle Termine sind im Internet zu finden unter www.ringelganstage.de
Herausgeber
LKN-SH | Nationalparkverwaltung
Schlossgarten 1 | D-25832 Tönning
Redaktion: Heike Wells, Bernhard Dockhorn
Kontakt:
www.nationalpark-wattenmeer.de
www.weltnaturerbe-wattenmeer.de