Essen & Trinken

Die Nordseeküste sorgt mit ihren Marschböden und frischem Seeklima für besondere kulinarische Spezialitäten. Bewährte alte Obst- und Gemüsesorten bereichern Gaumen und Artenvielfalt. In traditioneller Weidehaltung pflegen Rinder und Schafe die historische Kulturlandschaft und liefern den Rohstoff für herzhafte und süße Genüsse.

Landschaft schmeckt

Um eine Region, ihre Menschen und deren Kultur wirklich kennenzulernen, sollte man auch typische Speisen und Getränke probieren. Traditionelle Gerichte stammen aus einer Zeit, als man noch nicht täglich im Supermarkt Produkte aus aller Welt kaufen konnte. Es wurde zubereitet und gegessen, was Landschaft, Klima und Böden regional und saisonal hergaben. Die Rezepte wurden in den Familien weitergegeben und auch in Kochbüchern für kommende Generationen bewahrt. In der heutigen globalisierten Welt kommt der traditionellen regionalen Küche wieder eine besondere Bedeutung zu.

Gemüse

Grünkohl: Ein klassisches Wintergemüse an der Nordseeküste. Mit den einsetzenden kälteren Temperaturen lagern die robusten Blätter Zucker ein und schmecken dadurch milder. Klassisch wird der Grünkohl deftig mit Schmalz, Fleisch, Bauchspeck und Würsten zubereitet, in der modernen Küche gibt es aber auch vielseitige vegetarische oder vegane Rezepte. In jedem Fall ist Grünkohl ein echtes regionales Superfood: Kein anderes Gemüse hat so viel Vitamin C wie Grünkohl, sein Eisengehalt übertrifft sogar den von Rindfleisch.

Klei-Kartoffeln: Der schwere, tonige bis lehmige Boden der Nordseemarschen (Kalkmarsch) wird regional auch „Kleiboden“ genannt. Hier wachsen ganz besondere Kartoffeln. Der Boden ist von Natur aus nährstoffreich und es geht ein ständiger Wind, wodurch Dünge- bzw. Pflanzenschutzmittel eingespart werden. Auch die Wasserversorgung ist besser als auf sandigen Standorten.

Fleisch & Milchprodukte

Salzwiesenlamm: Die typischen salztoleranten Gräser und Kräuter auf den Weiden der Wattenmeerküste geben dem Fleisch der Weidetiere einen besonderen Geschmack. Leider kommt auch bei uns in der Region in vielen Restaurants Lamm aus Neuseeland auf den Teller und unsere hiesigen Tiere werden nach Frankreich transportiert und dort angeboten. Fragen Sie bei Ihrem nächsten Restaurantbesuch doch einmal nach, woher das Lamm auf der Speisekarte stammt.

Das Projekt „(Deich)Schaf-Produkt aus dem UNESCO-Biosphärenreservat Niedersächsisches Wattenmeer“ hat zum Ziel, gemeinsam mit Akteuren des Partner-Netzwerks eine regionale Lammbratwurst zu entwickeln und eine regionale Vermarktungsstruktur von den Rohstoffen über die Produktion bis hin zum Absatz der Würste zu etablieren. 

Käse: In der Nordseeregion ist die Weidehaltung von Milchkühen noch verbreitet. Frisches Grünfutter wirkt sich geschmacklich positiv auf die Milch aus und auch auf das Aroma des daraus hergestellten Käses. Schmackhafte Nordsee-Käsesorten sind direkt ab Hof (mit eigener Käserei), bei Käserei-Betrieben und im Handel erhältlich.

Labskaus

© The Weaver / gemeinfrei

Labskaus ist ein klassisches Seemannsgericht aus Zeiten, als es an Bord noch keine Kühlanlagen gab. Der Schiffskoch musste auf Zutaten zurückgreifen, die durch Einlegen, Einsalzen oder natürliche Lager­fähigkeit auch nach langer Fahrt noch genießbar waren. Grundzutaten sind gepökeltes Rindfleisch und Kartoffeln, Beilagen sind eingelegte Gurken und Rote Bete und – als kleines bisschen Luxus – Spiegelei und Salzhering. Heute findet sich das Gericht auf vielen Speisekarten in der Wattenmeer-Region – und repräsentiert einen historischen Einblick in die Palette regionaler Produkte, die den Seeleuten mit auf große Fahrt gegeben wurden.
Lämmer in der Salzwiese
Lämmer in der Salzwiese

© Dockhorn

Fisch & Meeresfrüchte

Krabben / Granat / Porren: Das Wattenmeer ist Kinderstube vieler Meerestiere. Auch die Sandgarnele (Crangon crangon) fühlt sich im flachen, relativ warmen Wasser sehr wohl. Kleine Häfen mit Krabbenkuttern gehören zum typischen Bild der Nordseeküste. Der Fang wird direkt an Bord in Meerwasser gekocht, wobei die Tiere ihre rötliche Farbe annehmen.

Krabben pulen: Frisch angelandet, kann man sie direkt am Kutter oder im örtlichen Fischhandel zum Selbst-Schälen („Pulen“) kaufen. Für die Weitervermarktung und Gastronomie wird allerdings ein großer Teil aus (Lohn-)Kostengründen in Schälbetrieben in Marokko oder Polen gepult, das Fleisch reist dann nach Deutschland zurück. Früher war das Krabbenpulen an der Küste ein Zuverdienst für viele Familien, heutige Hygienevorschriften verbieten das Pulen in Heimarbeit.

Krabbe, Krebs, Garnele? Biologisch gesehen ist die Sandgarnele gar keine Krabbe. Mit ihrem länglichen Körper gehört sie (wie z. B. auch Langusten) zu den Langschwanzkrebsen. Echte Krabben (z.B Strandkrabbe oder Taschenkrebs) haben runde Körper mit dickerer Schale und gehören zu den Kurzschwanzkrebsen. Aber im Volksmund, in Handel und Gastronomie hat sich der Name „Nordseekrabbe“ etabliert. In verschiedenen Wattenmeer-Regionen gibt es eigene Bezeichnungen für die schmackhaften Tiere – am bekanntesten sind „Granat“ und „Porren“.

Miesmuscheln: Traditionell wurden Miesmuscheln nur in den „Monaten mit r“ gegessen, also nicht von Mai bis August, denn es gab keine Kühlmöglichkeit. Die Muscheln verdarben beim Transport vom Kutter zum Händler. Das spielt heute keine Rolle mehr, doch diese Regel wird zum großen Teil auch heute noch gepflegt.

Sandgarnele
Sandgarnele (Crangon crangon)

© Steffen Walentowitz

Getränke

Im überwiegend frischen Seeklima haben sich vor allem Heißgetränke einen festen Platz am Tisch.

Tee: Schwarzer Tee wächst zwar als Pflanze nicht an der Nordseeküste, hat sich hier aber aus gutem Grund einen Stammplatz als Kult(ur)getränk erobert. Das Wasser, das aus selbst gebohrten Brunnen in den Marschböden gewonnen wurde, schmeckte stets etwas „brackig“. Zunächst half die Kunst des Bierbrauens, den Geschmack zu verbessern. Anfang des 17. Jh. kam der erste Tee nach Ostfriesland und verwandelte das Wasser alkoholfrei in ein schmackhaftes Getränk. Verfeinert mit „Kluntje“ (Kandiszucker) und Sahne, werden davon im Laufe des Tages einige Tassen getrunken. Mit gut 300 Liter pro Person und Jahr sind die Ostfriesen Weltmeister im Teekonsum.

Schon gewusst?
  • Die Ostfriesische Teekultur wurde 2016 von der Deutschen UNESCO-Kommission in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
    mehr dazu

Heißes „mit Schuss“ Wer noch nie an der Küste war, wird sich über Namen wie “Grog”, “Pharisäer” oder “Tote Tante” wundern. Dahinter verbergen sich Rum, heißes Wasser und Zucker (Grog) sowie Kaffee (Pharisäer) und Kakao (Tote Tante) mit Rum und Schlagsahne.

Wasser: Vom vorgenannten Wasser aus Flachbrunnen abgesehen, ist das Trinkwasser an der Nordsee von ausgezeichneter Qualität. Eine Besonderheit ist das Trinkwasser auf den Ostfriesischen Inseln Spiekeroog, Juist, Langeoog, Borkum und Norderney. Dort haben sich unterm Dünensand aus versickertem Regenwasser sogenannte Süßwasser-Linsen gebildet. Dieses Wasser ist teilweise durch Huminstoffe leicht gelblich gefärbt, ist aber sehr sauber und schmeckt hervorragend. Die Insulaner:innen können sich und ihre Gäste damit autonom versorgen, ohne Trinkwasserleitung vom Festland. Wichtig ist aber, dass die Entnahme und die Grundwasser-Neubildung im Gleichgewicht bleiben. Wird zu viel entnommen, dann wird die Linse instabil, Salzwasser kann einsickern und macht dieses natürliche Süßwasser-Reservoir unbrauchbar. Durch sparsamen Verbrauch (z.B. Duschen, Hotel-Wäsche) können auch die vielen Gäste dazu beitragen, dass die Süßwasser-Linsen erhalten bleiben.

Kulinarische Vielfalt

Die kulinarische Vielfalt der Wattenmeer-Region lässt sich am besten bei einem Besuch der gastronomischen Nationalpark-Partnerbetriebe erschmecken. Hier wird Tradition kreativ mit moderner Küche verbunden.

Grog

© Hendrike / CC-BY-SA 2.5

Frisch gezapft
  • Viele Infozentren, Museen und Läden in der Wattenmeer-Region haben sich der Initiative „Refill Deutschland“ angeschlossen. Um Plastikmüll zu vermeiden, können Durstige ihre mitgebrachten Flaschen kostenlos mit gutem Leitungswasser auffüllen.
    Alle Standorte finden sich in dieser Karte.

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