Deichschafe prägen unser Landschaftsbild und pflegen unsere Deiche
Keine Tierart prägt unser Landschaftsbild so sehr wie die Deichschafe. Dabei sind sie zugleich noch vierbeinige Küstenschützer: Durch ihren sanften Tritt, die moderate Düngung und den schonenden Verbiss pflegen sie unsere Deiche optimal. Die relativ artenreiche Gräsermischung und gute Übersicht auf den Deichen bietet den Tieren beste Nahrungs- und stressarme Lebensbedingungen.
Doch warum landet Lamm aus Übersee auf unseren Tellern?
So präsent wie die Deichschafe an der Nordsee ist auch die Nachfrage nach Lammfleisch: 2018 ergab unsere Gastronomen-Umfrage, dass etwa 80 % der Restaurants an der Küste Lammfleisch servieren. Allerdings kaufen 75 % davon (wegen des kleineren Preises und geringeren Aufwands) ihr Lammfleisch über den Großhandel: meist als küchenfertig portionierte Tiefkühlware aus Neuseeland.
Zeitgleich beim Deichschäfer um die Ecke verladen Viehhändler ganze LKW-Ladungen Lämmer, um sie in Lebendtiertransporten zu Großschlachtereien außerhalb der Region (teilweise bis zum Pariser Lämmermarkt) zu bringen.
Deichlamm aus der Region bekam man bisher nur bei wenigen, besonders engagierten Gastronomen und wenigen der verbliebenen Landschlachtereien. Der Aufwand ist hoch – doch das Gute liegt so nah.
In Ostfriesland geht es jetzt um die Wurst!
Auf Einladung der Biosphärenreservatsverwaltung haben sich einige Deichschäfer, Gastronomen, Unternehmer und Fleischer der ostfriesischen Halbinsel auf den Weg gemacht neue Produkte und Vertriebsstrukturen zu erproben, die es ermöglichen, dass unsere Deichlämmer wieder vollständig in der Region verarbeitet und verzehrt werden können und so die regionale Wirtschaft stärken.

Im Jahr 2020 wurde durch das Engagement von Chefkoch Peter Link ein Projekt mit Auszubildenden in der Jugendherberge Schillighörn gestartet: Die angehenden Köche Bengt Lünz und Titima Phansena entwickelten und erprobten gemeinsam mit ihrem Ausbilder verschiedene Rezepte für eine Deichlamm-Bratwurst.
In einer Serie von Testessen und Grillveranstaltungen wurden die die Rezepturen in Sachen Geschmack, Konsistenz und Zutaten immer weiter verbessert. Wir durften lernen: Eine pure Lammbratwurst ohne Zusatzstoffe schmeckt hervorragend und ist auch bei öffentlichen Grillveranstaltungen sehr gefragt!
Im nächsten Schritt ging es dann darum, die Biosphären-Bratwurst professionell und in größerem Maßstab zu produzieren.
Mit Expertise, handwerklicher Profession und großer Kooperationsbereitschaft wurde das Projekt von Fleischermeister Jens Ahlrichs (Zetel) bis Ende 2021 begleitet. Die wesentlichen Inspirationen für das finale Bratwurst-Rezept – sowie die ersten Produktionstests wurden von ihm gestemmt. Leider musste Jens Ahlrichs seinen Betrieb wegen Fachkräftemangels Ende 2021 schließen.
2022 fanden sich dann mit der Fleischerei Hamacher und dem Hotel Atlantic neue Akteure zusammen, die nun in enger Zusammenarbeit die regionale Wertschöpfungskette des „Biosphären-Deichlamms“ bilden.