Schleswig-Holstein

15.05.2020 |

Nationalpark Nachrichten Mai 2020

MOIN, MOIN,
liebe Leserinnen und Leser der Nationalpark Nachrichten! Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Das gilt auch für das Foto zu dem Beitrag „Coronazeiten in der Natur“ in dieser Ausgabe – Zeiten, von denen wir alle hoffen, dass wir sie nun nach und nach hinter uns lassen können … Aus unserem Nationalpark allerdings gibt es immer Interessantes zu berichten. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Spaß beim Lesen.
PS, noch kurz in eigener Sache: Die meisten von uns (ausgenommen unter anderem die Nationalpark-Rangerinnen und –Ranger) haben in den vergangenen Wochen, stets gut erreichbar, im Homeoffice gearbeitet. Nun kehren wir nach und nach, gruppen- und tageweise, wieder in die Räume der Nationalparkverwaltung zurück und freuen uns über den persönlichen Kontakt mit Kolleginnen und Kollegen jenseits von Mail und Telefonkonferenz. Das Ganze selbstverständlich mit Abstand sowie außerhalb des eigenen Büros mit Mund- und Nasenschutz!

Rubrik Aktuelles neu

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© Jan Langmaack

Wir Menschen und viele Tiere brauchen sie – die Luft zum Atmen. Wie aber verhält es sich mit denen, die unter Wasser leben? Über die besonderen physikalischen und chemischen Bedingungen haben die Nationalpark Nachrichten in der April-Ausgabe berichtet. Jetzt geht es um die Biologie, um die Strategien, mit denen die tierischen Bewohner der Unterwasserwelt an diese Bedingungen angepasst sind.

Die einen klammern sich, wie die Miesmuschel mit ihren Byssusfäden, am Untergrund fest, um sich gegen das Verdriften durch die Strömung zu schützen; gar nicht unpraktisch, diese „sessile Lebensform“, wie der Fachbegriff dazu lautet: Die Nahrung wie Plankton wird einfach herangetrieben. Andere suchen ihr Heil im „go with the flow“, lassen sich, die hohe Dichte im Medium Wasser macht’s möglich, von der Strömung einfach tragen. Den Radiolarien (Strahlentierchen) dienen dabei kleinste Öltröpfchen als Schwebehilfe. „Und wer sich durch die Strömung bewegt wie viele Fische, braucht einen stromlinienförmigen Körper“, erläutert Claus von Hoerschelmann, Biologe und Ausstellungsleiter im Nationalpark-Zentrum Multimar Wattforum.

Eine zentrale Frage ist die nach den Sinnesorganen der Meerestiere. Faszinierende Phänomene gibt es da! So verfügen nahezu alle Fische über ein so genanntes Seitenlinienorgan, das auch als Ferntastsinn bezeichnet wird. Es ermöglicht ihnen die Wahrnehmung von Druckwellen in ihrem Lebensraum, und es ist auch dieses Organ, das die Aquariumsbewohner unter ihnen davor bewahrt, gegen die Scheibe zu schwimmen.

Wale orientieren sich an Schallwellen; Echolokation wird diese Technik genannt. Haie finden ihre Beute mithilfe der sogenannten Lorenzinischen Ampullen. Mit diesen Rezeptoren – winzige, mit Gallert gefüllte und mit Nerven versehene Kanäle in der Schnauzenregion, am Unterkiefer und um die Augen – können sie selbst schwächste elektrische Felder mit Unterschieden von nur fünf Milliardstel Volt wie den Herzschlag und die Muskeltätigkeit kleiner Tiere wahrnehmen.

Und warum müssen Fische eigentlich keine Luft atmen? Weil sie anstelle einer Lunge über Kiemen an beiden Seiten des Kopfes verfügen, mit denen sie Sauerstoff aus dem Wasser filtern können. Diese empfindlichen Organe sitzen hinter den Kiemendeckeln, bewegliche Klappen, die die Tiere zum Atmen öffnen und schließen können.

Diese wenigen Beispiele zeigen: Die Bedingungen im Lebensraum Wasser haben Tiere mit besonders angepasster biologischer „Ausstattung“ hervorgebracht. Geruchs- und Geschmackssinn, Seh- und Hörvermögen, Nahrungserwerb und –aufnahme, Fortpflanzung wären weitere interessante Aspekte – aber sie alle darzustellen, würde den Rahmen der Nationalpark Nachrichten sprengen. Schauen Sie doch mal in die aktuelle Broschüre zum Nationalpark-Themenjahr Unterwasserwelt! Sie ist hier als Download verfügbar.

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© Claußen / LKN.SH

Ein Mensch allein im Watt – Symbol für eine Zeit, die nun langsam zu Ende geht. Auch für Tiere und Pflanzen war es eine besondere Zeit, nicht nur im Nationalpark Wattenmeer. So berichteten zahlreiche Medien aus verschiedenen Regionen der Welt, wie die Natur sich ihr Terrain zurück erobert. Es gab Nachrichten von Wildtieren, die durch angesichts des geringen Autoverkehrs ruhige Stadtviertel zogen, sich in Straßen und Vorgärten tummelten.

Und wie sieht es im Wattenmeer und anderen Großschutzgebieten in Deutschland aus? Macht sich auch hier der coronabedingte Shutdown bemerkbar? Konnte und kann sich auch hier die Natur ungestörter entfalten und wenn ja, wie zeigt sich das? Belastbares sagen lässt sich dazu zum jetzigen Zeitpunkt nicht.

Aus dem Nationalpark gebe es bisher lediglich einige Einzelbeobachtungen, berichtet Christian Wiedemann aus der Nationalparkverwaltung. Zum Beispiel, dass sich in den Dünen von St. Peter-Ording Landschaftsstrukturen wie durch den starken Ostwind Ende April aufgewehte Primärdünen herausbilden, die sonst, bedingt durch die Vielzahl von Besuchern, gar nicht erst entstehen können. Die Nationalpark-Rangerinnen und -Ranger jedenfalls seien für entsprechende Beobachtungen sensibilisiert, und auch die Aktiven in den betreuenden Naturschutzverbände hielten die Augen auf.

Jede Menge Fragen zu Effekten für die Tierwelt

Und wie ist es mit der Tierwelt? „Hier können wir uns derzeit nur im Bereich der Spekulation bewegen, insbesondere, was anhaltende positive Effekte angeht“, sagt Wiedemann, der gemeinsam mit dem Biologen Martin Stock im April an einer ersten Telefonkonferenz zu diesem Thema mit Natur- und Sozialwissenschaftlern der Arbeitsgruppe Forschung und Monitoring der „Nationalen Naturlandschaften“ (NNL) teilgenommen hat. Jede Menge Fragen jedenfalls hat diese Runde schon einmal formuliert.

Fragen wie, um nur einige zu nennen: Ändern sich die Bewegungsradien der Tiere? Nutzen etwa Brutvögel andere Areale als vorher oder Großsäuger neue Nahrungsräume? Singen Vögel leiser, weil der vom Menschen verursachte Geräuschpegel in der Landschaft geringer ist? Aber auch und andererseits: Nehmen starke Beeinträchtigungen der Natur vielleicht sogar zu, beispielsweise weil Unbelehrbare, sich unbeobachtet fühlend, gegen Betretungsverbote verstoßen?

Auf einige davon könnte es erste Antworten geben, wenn das diesjährige Monitoring, etwa von Rast- und Brutvögeln im Wattenmeer, ausgewertet und mit den Daten der Vorjahre und wohl auch mindestens von 2021 verglichen ist. Christian Wiedemann: „Wir sind alle total gespannt …“

Rubrik Faszinierende Biologie neu

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© Stock /LKN.SH

Wahre Vogelwolken prägen derzeit das Bild im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer: Es ist Vogelzugzeit! Jetzt, Mitte Mai, erreicht der Frühjahrszug seinen Höhepunkt. Unter den Rastenden sind Alpenstrandläufer in der Westküstenregion am häufigsten, weitere typische gefiederte Frühjahrs- und Herbstgäste sind Weißwangen- und Ringelgans, Knutt sowie etliche andere.

„Die ver­schie­de­nen Arten und Popu­la­tio­nen der Zug­vö­gel sind zu unter­schied­li­chen Zei­ten bei uns“, schreibt der Leiter des WWF-Wattenmeerbüros in Husum Hans-Ulrich Rösner im aktuellen WWF-Blog. So ziehen die oben genannten Alpen­strand­läu­fer, je nach­dem in wel­chem Teil der Ark­tis sie brü­ten, Anfang bis Ende Mai in Rich­tung Nor­den.

„Ganz aktuell verabschieden sich bei uns die Weißwangengänse in Richtung ihrer Brutgebiete“, berichtet der Nationalpark-Ranger Martin Kühn. Nach einer ersten Abzugswelle Ende April mit bis zu 20.000 Vögeln binnen rund eineinhalb Stunden am Morgen des 27. April über Helgoland gebe es „nun auch geballte Abzugsmeldungen von Hattstedt bis nach Kiel“.

Große Brachvögel seien zum größten Teil ebenfalls bereits unterwegs, gefolgt vom kleineren Regenbrachvogel. Späte Starter dagegen sind Knutts, die hierzulande in riesigen Schwärmen rasten und sich erst Ende Mai gen Norden verabschieden.

Wobei nicht alle Zugvögel, die im Frühjahr aus dem Süden ins Wattenmeer kommen, weiterfliegen. Für nicht wenige ist die Region Brutgebiet, zum Beispiel für verschiedene Schwalben- und Möwenarten. Wobei Brutvögel seit einiger Zeit, unter anderem wegen des starken Drucks durch Prädatoren wie Fuchs, Marderhund und Ratte, zu den Sorgenkindern der Ornithologen in der Nationalparkregion gehören.

Eine der wenigen individuenreichen Brutkolonien am Festland liegt unmittelbar am Eidersperrwerk. Dort hat Martin Kühn vor einigen Tagen unter den Lachmöwen einige der hierzulande seltenen Schwarzkopfmöwen entdeckt. Es sei „nicht ganz einfach, die wirklich schwarzen Köpfe unter den ähnlich aussehenden Lachmöwen zu erkennen“ (siehe kleines Foto, der Vogel rechts), so der Nationalpark-Ranger, und: „Mit etwas Glück kann man sie aber auch im Gekreische der Lachmöwenkolonie heraushören. Ihre Stimme ist deutlich tiefer, nasaler, irgendwie katzenartig ‚äa‘“. Insgesamt habe er an einem Tag sieben Schwarzkopfmöwen am Eidersperrwerk gesichtet; zwei Paare scheinen, offenbar mit der Absicht zu brüten, sesshaft geworden zu sein.

Der Vogelexperte berichtet dazu: „Auffälligstes Merkmal der Schwarzkopfmöwe ist der namensgebende schwarze Kopf. Das Schwarz zieht sich bis tief in den Nacken und unterscheidet sie von der Lachmöwe mit ihrer schokoladenbraunen Kapuze, die nicht so weit in den Nacken reicht. Ein leuchtend korallenroter Schnabel und eine weiße Augenklammer lässt sie deutlich bunter erscheinen als die Lachmöwe. Auch die Beine sind röter gefärbt. Im Flug fallen bei Altvögeln die durchscheinenden reinweißen Flügel auf (kleines Foto unten).

Das Vorkommen der Schwarzkopfmöwe lag ursprünglich hauptsächlich an der Schwarzmeerküste und in Südosteuropa, heute ist sie auch im gesamten Mitteleuropa vertreten, wenngleich nur sehr punktuell. Die Ausbreitung nach Schleswig-Holstein nimmt weiter zu. Ihr Auftreten ist aber teilweise recht unstet, das heißt, häufig bleibt es bei uns bei kurzen Besuchen und Brutversuchen.

Die Tiere brüten gern in Kolonien anderer Möwenarten. In den Hauptverbreitungsgebieten, zum Beispiel der Ukraine, gibt es aber auch große ‚artreine‘ Kolonien. Im Winter sind die Möwen hauptsächlich an den Küsten Westeuropas und des Mittelmeerraumes zu finden.“

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© Erika Drews

Coronakrise – auch für unsere Nationalpark Partner waren und sind das schwere Zeiten. Durch die schrittweise Lockerung der Bestimmungen aber gibt es jetzt Licht am Ende des Tunnels. Nicht wenige haben zudem in den vergangenen Wochen kreative Ideen entwickelt, um auch während des Shutdowns zumindest ein Minimum an Betrieb aufrecht zu erhalten.

So hat, um nur zwei Beispiele zu nennen, die friesische Schafskäserei in Tetenbüll verstärkt „Käsepakete“ verschickt; seit Ende April ist der Hofladen, mit entsprechenden Auflagen, wieder geöffnet. Das Biohotel Miramar in Tönning hat einen täglichen Mittagstisch in Bioqualität zur Abholung oder Lieferung ins Haus angeboten. Ab 21. Mai werden hier Hotelgäste wieder empfangen.

Und nicht nur das Nationalpark-Zentrum Multimar Wattforum (siehe Beitrag „Wieder offen“) ist wieder für Besucher zugänglich, sondern auch etliche Partnereinrichtungen; bereits seit Anfang vergangener Woche etwa das Erlebniszentrum Naturgewalten in List auf Sylt und der Steinzeitpark Dithmarschen – Archäologisch-Ökologisches Zentrum Albersdorf (Foto oben). Für die Nationalpark-Häuser und weiterne Informationseinrichtungen arbeiten die Nationalparkverwaltung und die jeweiligen Träger derzeit, je nach örtlichen Gegebenheiten, an Konzepten für die Wiedereröffnung.

Rubrik Aus dem Multimar Wattforum

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© Claußen / LKN.SH

Die rund achtwöchige Zwangspause wurde für Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten sowie die Ausarbeitung eines an die Coronabeschränkungen angepassten Betriebskonzeptes genutzt. Seit gestern nun stehen die Türen des Nationalpark-Zentrums Multimar Wattforum wieder für Besucherinnen und Besucher offen. Für die Eröffnung war der schleswig-holsteinische Umweltminister Jan Philipp Albrecht (auf dem Foto rechts, mit Multimar-Leiter Gerd Meurs-Scher) nach Tönning gekommen. Mehr dazu lesen Sie in dieser Pressemitteilung.

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© Claußen / LKN.SH

Als „echte Herausforderung“ hat der schleswig-holsteinische Umweltminister Jan Philipp Albrecht gestern vor Ort die Wiedereröffnung des Nationalpark-Zentrums Multimar Wattforum (siehe Bericht oben) genannt und auf den interaktiven Charakter der Ausstellung verwiesen. Und in der Tat! Angesichts der vielen Ausstellungselemente und –objekte, die bewusst „zum Anfassen“ konzipiert sind, ist das von den Verantwortlichen in Übereinstimmung mit den zuständigen Behörden entwickelte Konzept für den Betrieb in Coronazeiten ein sehr spezielles und ausgeklügeltes: Tragen von Mund- und Nasenbedeckung, Beschränkung der Besucherzahl, Einführung eines Wegeleitsystems sind nur einige der Stichworte. Welche Schutz- und Hygienemaßnahmen in diesen Tagen im Multimar Wattforum gelten, ist detailliert auf der Website nachzulesen.

Rubrik Aktive Naturschutzverbände neu

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© Christof Götze / Schutzstation Wattenmeer

Bei einem Besuch in Husum hat der schleswig-holsteinische Umweltminister Jan Philipp Albrecht die Arbeit der Naturschutzverbände im Nationalpark Wattenmeer gelobt. „Obwohl der Gesundheitsbereich derzeit völlig zu Recht im Fokus der Öffentlichkeit steht, ist es wichtig, in diesen besonderen Zeiten beim Natur- und Umweltschutz nicht nachzulassen“, sagte der Minister: „Zahlreiche engagierte Menschen im Land leisten jeden Tag weiterhin hervorragende Arbeit für den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen“, so Albrecht bei einem Besuch der Schutzstation Wattenmeer im Nationalpark-Haus.

Weitere Informationen dazu finden sich auf der Website der Schutzstation hier. Und damit keine Irritation entsteht, folgende Information zu obigem Foto: Die Teams der Schutzstation wohnen zusammen, bilden also einen Haushalt und müssen darum den derzeit vorgeschriebenen Mindestabstand nicht einhalten.

10 Rubrik Neues aus den NNL

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©  Screenshot

Am 24. Mai ist European Day of Parks, also der Tag der europäischen Großschutzgebiete! Seit 1999 wird dieser alljährlich, begleitet von einer europaweiten Kampagne, von der EUROPARC Federation ausgerufen, um auf die Bedeutung dieser Gebiete wie unter anderem Natur- und Nationalparks aufmerksam zu machen. Die deutsche Sektion von EUROPARC, der Verein Nationale Naturlandschaften (NNL), unterstützt das Projekt, und die Nationalparkverwaltung hat einige Materialien beigetragen, unter anderem links zu Videoführungen durch das Nationalpark-Zentrum Multimar Wattforum und zu verschiedenen anderen Videos – denn das Ganze findet ausschließlich virtuell statt.

Als fast schon unheimlich aktuell erweist sich dabei der diesjährige Schwerpunkt des European Day of Parks – „Parks for Health“. Er solle die Verbindung zwischen Natur und menschlicher Gesundheit hervorheben. „Gesunde Menschen brauchen gesunde Schutzgebiete!“, heißt es dazu bei der NNL. Dabei sind Besuche in den Naturlandschaften angesichts der Coronakrise momentan nur stark eingeschränkt möglich.

Umso wichtiger seien die Beiträge vieler NNL-Mitglieder zu diesem virtuellen Ereignis. Sie sollen helfen, die Sehnsucht der Menschen nach Naturerlebnissen „zumindest ein wenig zu stillen und dabei trotzdem den aktuellen Beschränkungen Genüge zu tun“. Und sie böten „mehr denn je die Chance, den Wert unserer Schutzgebiete in ganz Europa für Menschen und Natur aufzuzeigen.“

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© Stock /LKN.SH

Am 5. Juni ist Welt-Umwelt-Tag! Der internationale Aktionstag geht zurück auf die Eröffnung der Konferenz der Vereinten Nationen zum Schutz der Umwelt am 5. Juni 1972 in Stockholm. Anlässlich dieses Termins „haben die Vereinten Nationen und vier Jahre später auch die Bundesrepublik Deutschland den 5. Juni zum jährlichen ‚Tag der Umwelt‘ erklärt“, heißt es dazu beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU). Dieser solle „das Bewusstsein dafür stärken, dass es vor allem der Mensch selbst ist, der die Vielfalt und Stabilität der Umwelt bedroht“. Weitere Informationen dazu gibt es auf der Website des BMU.

Rubrik Aus der Arbeit der Nationalparkverwaltung

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© Wiedemann / LKN.SH

Führungen in den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer sind derzeit nicht möglich. Wie stark aber solche Naturerlebnisse bei Gästen in der Region gefragt sind, zeigt eine Auswertung der Besucherzahlen für das vergangene Jahr. Danach haben insgesamt mehr als eine Million Menschen die touristischen Naturerlebnis- und Informationsangebote an der schleswig-holsteinischen Westküste genutzt.

Erhoben wurden die Zahlen im Rahmen des sozio-ökonomischen Monitorings in der Nationalparkregion, auch kurz SÖM Watt genannt. 2019 wurden demzufolge bei 6.500 Wattführungen, -exkursionen und -erlebnistouren rund 151.000 Teilnehmende gezählt, etwa 70 Prozent davon bei Wattveranstaltungen des größten der betreuenden Naturschutzverbände, der Schutzstation Wattenmeer. Dazu kommen annähernd 50.000 Menschen, die eines der weiteren Angebote wie Exkursionen in die Vogelwelt oder in die Salzwiesen sowie fachkundig begleitete Seetierfangfahrten der Nationalpark-Partner-Reedereien nutzten, 260.000, die Informationseinrichtungen der Nationalparkverwaltung besuchten sowie fast 560.000 in den Ausstellungen der Naturschutzverbände und anderer Träger.

In den SÖM-Zahlen zeige sich auch das erkennbar ausgeprägte Bewusstsein für eine intakte Natur und der Wunsch der Gäste in der Nationalparkregion, mehr über diese Natur zu erfahren, erklärt Christiane Gätje aus der Nationalparkverwaltung. So gaben 92 Prozent im Rahmen einer Gästebefragung an, es sei ihnen wichtig, dass die Natur an ihrem Urlaubsort geschützt wird.

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© Privat

Er ist Biologe in der Nationalparkverwaltung und leidenschaftlicher Fotograf. Jetzt sind gleich zwei Bücher von und mit Martin Stock erschienen; seine Kollegin Anne Segebade hat sie gelesen.

Wunderwelt Wattenmeer ist ein Bilderbuch, ein Buch voller Bilder – fast alle sind von Martin Stock. Jede Doppelseite hat mindestens ein einseitiges, manchmal ein eineinhalb seitiges und gelegentlich ein doppelseitiges Foto. Und es sind schöne Fotos, in die man sich vergucken kann. Gerade bei den Doppelseitigen – leider fehlen hier die Angaben, was jeweils zu sehen ist.

Die Bildersprache wird groß geschrieben: Selbst die Gliederung findet ihr Gegenstück in Bildern … Eine weitere Besonderheit dieser Publikation ist, dass auch aktuelle wissenschaftliche Ergebnisse thematisiert werden wie zum Beispiel die Folgen des Klimawandels für Zugvögel und den Artenwechsel.

Tim Schröders Texte berühren immer dann besonders stark, wenn sie auf eigenem Erleben beruhen, bei – vermutlich – erlesenem Wissen werden die Texte manchmal ungenau und gelegentlich auch falsch. So kommt der Wattwurm nicht überall im Wattenmeer vor und bei hohen Sturmfluten besteht nicht die Möglichkeit, eine Kappe auf den Deich zu setzen.

Die beiden Autoren nehmen den Leser und die Leserin mit – aus der Vogelperspektive bis im Watt kniend, die Nase fast auf dem Wattboden. Einem sprachlich mitreißenden Einstieg folgt der Blick von oben, im Detail geht es dann in den insgesamt 15 Kapiteln um das Weltnaturerbe Wattenmeer und seine Vorgeschichte, die gestaltenden Kräfte. Lebensbedingungen und einzelne Arten werden angesprochen, bei Problemen werden auch mögliche Lösungen thematisiert.

Den Abschluss bilden die Folgen des Klimawandels und der damit verbundene Blick in die Zukunft. Viele Themen, die in dem schmalen Band nicht ausführlich behandelt werden können, werden doch mit einer gewissen Intensität dargestellt.

Der Untertitel „Das Weltnaturerbe neu entdecken“ bezieht sich auf Sichtweisen, weniger auf das gesamte Gebiet: Die dänischen und niederländischen Watten werden selten genannt, zumeist wird auf den deutschen, hier überwiegend den schleswig-holsteinischen Teil Bezug genommen und dabei werden sehr oft Beispiele aus dem nordfriesischen Bereich herangezogen.

Ein Bilderbuch mit aktuellem Wissen, für Zeiten zum Träumen, Nacherleben und Vorbereiten … Obacht, die Bildseiten sind empfindlich für Fingerabdrücke!

Martin Stock, Tim Schröder: „Wunderwelt Wattenmeer – Das Weltnaturerbe neu entdecken“, Delius Klasing 2020, 160 Seiten, ISBN 978-3-667-11860-8, 19,90 Euro

Und noch ein Buch zum Wattenmeer – doch tatsächlich ist es ein etwas anderes Buch, eine Besonderheit im Meer der Wattenmeerbücher. Der eine oder die andere mag sich erinnern, dass es da schon mal einen großformatigen Fotobildband mit Luftbildern vom gesamten Weltnaturerbe Wattenmeer gab, an dem der Autor mitgewirkt hat. Stimmt, doch dieser ist inzwischen vergriffen, so dass mit dieser Neuerscheinung nun eine Lücke geschlossen wird.

In dem deutlich handlicheren Buch Meerlandschaften wird die Schönheit der deutschen Wattenmeerlandschaft aus der Vogelperspektive gezeigt – einem besonderen Blickwinkel, den nur wenige einnehmen dürfen. Martin Stock hatte das Glück, das Wattenmeer über Jahre immer wieder bei besten Wetter zu befliegen.

Herausgekommen sind dabei nicht nur ein Bildband, sondern auch Texte von großem Facettenreichtum: Einerseits steuern fünf Wattenmeerkennerinnen und –kenner zum Teil sehr persönliche Texte bei, andererseits werden kleine Geschichten von Menschen erzählt, die vom Wattenmeer geprägt wurden. Dazwischen sind stellenweise besinnliche Texte des Autors gestreut. Fast alle Fotos haben eine Art Titel und einen erklärenden Text, so dass man beim Durchblättern das Wattenmeer von der Emsmündung bis zur dänischen Grenze mit den Augen einer Möwe erleben kann – das ist der Ansatz des Buches.

Alle Texte spiegeln die tiefe Verbundenheit und große Kenntnis der Schreiberinnen und Schreiber mit und von dem Naturwunder Wattenmeer wieder. Das Buch benötigt keinen zusätzlichen Kaufanreiz, doch sei erwähnt, dass ein Euro von jedem verkauften Exemplar an das Gemeinsame Wattenmeersekretriat (Common Wadden Sea Secretariat; CWSS ) der drei Wattenmeerstaaten Niederlande, Deutschland und Dänemark geht, welches deren Zusammenarbeit koordiniert. Das Geld wird für Inhalte und Werte des Weltnaturerbe Wattenmeer verwendet. Was immer das genau bedeutet …

Martin Stock: „Meerlandschaften – Im Rhythmus der Gezeiten“, KJM Buchverlag 2020, 176 Seiten, ISBN 978-3-96194-096-7, 24,00 Euro

Anne Segebade

Froschkonzerte digital: Weil alle Touren ins Stiftungsland der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein bis 31. Mai ausfallen, können Interessierte die alljährlichen Frühlings-Froschkonzerte nicht bei Führungen vor Ort erleben. Aber digital! Und da mit Kreuzkröte und Moorfrosch mindestens zwei Amphibienarten auch im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer leben und dieser derzeit nicht von allen Fans besucht werden kann, hier der Hinweis auf diese beiden Videos .

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© Stock /LKN.SH

Am 7. Juni ist Welterbetag – „eigentlich“ mit einer zentralen Eröffnungsveranstaltung (Standort wäre dieses Jahr Potsdam gewesen) und vielen Aktionen an Welterbestätten in ganz Deutschland. Wie viele andere Events, ist auch dieses abgesagt … halt, nicht ganz! Denn um das Welterbe an diesem Tag dennoch in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken, gibt es eine digitale Version unter dem Motto „Welterbe verbindet“. Dazu wurde eigens eine Website eingerichtet, auf der sich die insgesamt 46 deutschen Weltnatur- und Weltkulturerbestätten darstellen können. Für das Weltnaturerbe Wattenmeer werden derzeit die entsprechenden Materialien zusammengestellt und in Kürze online verfügbar sein.

Save the date: Vom 23. bis 26. März 2021 findet das 15. internationale wissenschaftliche Wattenmeersymposium (International Scientific Wadden Sea Symposium) statt – und zwar in Schleswig-Holstein! Das Watt’n Hus in Büsum ist Veranstaltungsort für dieses stets hochkarätig besetzte Treffen von Expertinnen und Experten. Informationen zum derzeitigen Stand der Planungen in englischer Sprache sind hier zu finden.

Rubrik Fundstück neu

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© Henrichs / LKN.SH

Dieses Gebilde hat der Bundesfreiwilligendienstler in der Nationalparkverwaltung Jonas Henrichs im Watt entdeckt. Es handelt sich um den Eiballen einer Wellhornschnecke (Buccinum undatum) – ein verlassenes Gehäuse, denn der Nachwuchs ist bereits „ausgezogen“.

„Die Weibchen der Wellhornschnecke legen die Eier im Winter in Kapselpaketen ab“, erläutert die Biologin Ulrike Schückel aus der Nationalparkverwaltung. Die Eier werden an festem Untergrund wie Steine oder Muscheln befestigt. Nach einigen Monaten schlüpfen die Jungtiere. Schückel: „Die Eikapseln werden oft von der Wasserbewegung oder nach Stürmen losgerissen und lassen sich dann am Strand finden.“

Der Eintrag von Tributylzinn (TBT) aus giftigen Schiffsanstrichen in die Meere hat den Beständen der Wellhornschnecken in der Vergangenheit stark zugesetzt. TBT wirkt wie ein Geschlechtshormon auf den Organismus der Tiere. „Das führt zur Umwandlung von Weibchen in halbe Männchen (Intersex) – und so zum Fehlen von Nachwuchs“, erläutert die Schutzstation Wattenmeer den Zusammenhang.


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LKN-SH | Nationalparkverwaltung
Schlossgarten 1 | D-25832 Tönning

Redaktion: Heike Wells, Bernhard Dockhorn
Kontakt:

www.nationalpark-wattenmeer.de
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