Schleswig-Holstein

15.09.2011 |

September 2011

Moin. So viele Seehunde wie heut gab es zuletzt vielleicht vor 100 Jahren. Brandgänse hingegen sind nicht mehr so zahlreich wie früher. Ob Sylts Kinder-Wattführer es schon wissen? Oder Markus Söder, Bayerns Umweltminister? Er weiß, woher der Bund Mittel nehmen kann, um Deutschlands Nationalparks zu fördern. Thomas Langmaack, Leiter der Gefahrenabwehr an Schleswig-Holsteins Küsten, weiß, dass Übung auch in diesem Bereich den Meister macht. Bleiben Sie uns gewogen. Ihre Nationalparkverwaltung

Üben, üben, üben

Wasserbauingenieur Thomas Langmaack (52) ist Fachbereichsleiter im Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN-SH). Mit seinem Team ist er ständig bereit und stets gut vorbereitet, um Schadstoffunfälle an Schleswig-Holsteins Küsten zu bekämpfen. Mitunter geht er dabei in die Luft.

Fan geworden

„Ich bin ein Fan des Wattenmeeres geworden“, schrieb der bayerische Umweltminister Markus Söder (rechts neben Nationalparkleiter Detlef Hansen) in das Gästebuch des Multimar Wattforums. Mit seiner schleswig-holsteinischen Kollegin Juliane Rumpf hatte er bei einer zweitägigen Stippvisite die Seehundstation in Friedrichskoog sowie Leuchtturm, Watt und Salzwiesen in Westerhever besucht. Weil die Alpen und das Watt zu den klimaempfindlichsten Regionen Deutschlands zählen, will er die Nationalparks, die durch den Klimawandel besonders herausgefordert sind, besser vernetzen. Mit Frau Rumpf unterzeichnete er dazu zwei Kooperationsvereinbarungen, die einen Austausch von Informationen und Erfahrungen zum Management zwischen dem Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und dem Nationalpark Berchtesgaden ermöglichen.

Beide Umweltminister plädieren dafür, dass der Bund mehr in sein nationales Naturerbe und die Nationalparks investiert, um die Folgen des Klimawandels einzudämmen. Dafür sollten Mittel aus den Einnahmen des Emissionshandel genutzt werden.

Ab 2012, wenn der Luftverkehr Teil des Emissionshandels ist, wird mit Erlösen in Milliardenhöhe gerechnet. Ein Teil des Geldes soll in der nationalen Klimaschutzinitiative und im internationalen Klimaschutz eingesetzt werden. Eine Beteiligung der Länder an den Einnahmen ist bisher nicht vorgesehen.

Stilles Spektakel

Im Dithmarscher Wattenmeer findet zurzeit ein stilles Spektakel statt: über 100.000 Brandgänse wechseln dort ihr Gefieder. Keine andere der weltweit 145 Enten- und Gänsearten kommt zur Mauser in einem so kleinen Gebiet zusammen, zu dem einige über 1.000 Kilometer anfliegen. Im August mausern 90 % des europäischen Bestandes in der Elbmündung, was etwa der Hälfte des Weltbestandes entspricht. Allerdings sind die Bestände seit dem Jahr 2000 stark rückläufig: innerhalb von nur acht Jahren nahmen sie um rund 40 % ab.

Um die Ursachen zu erforschen, untersucht der NABU die Reise der Brandgänse. Im Juni wurden drei Weibchen mit solarbetriebenen GPS-Sendern versehen, die zweimal wöchentlich ihre teilweise stündlich aufgezeichneten Standorte via Satellit an die Forscher im Michael-Otto-Institut in Bergenhusen senden. Den von den Forschern teilweise unerwarteten Ortswechseln von Tonja, Kati und Diva kann im Web nachgespürt werden. Die drei Brandgänse werden hoffentlich auch in den nächsten Jahren ihre Aufenthaltsorte preisgeben. Zusätzlich sollen weitere Tiere mit Sendern ausgestattet werden.

Höchststand

Der Bestand der Seehunde im schleswig-holsteinischen Wattenmeer ist jetzt wieder in einer natürlichen Größenordnung, wie sie für die Zeit vor 100 Jahren angenommen wird. Bei vier Flügen in diesem Jahr wurden auf trocken gefallenen Sandbänken insgesamt 10.941 Seehunde gezählt, 13 % mehr als im Vorjahr. 3.294 Seehunde waren Jungtiere. Als die Seehundjagd 1974 beendet wurde, gab es nur rund 1.500 Seehunde. Seitdem haben die Bestände kontinuierlich zugenommen und erholten sich in wenigen Jahren von den Staupeepidemien 1988 und 2002.

Kinder-Wattführer

Zehn Mal waren sie im Watt, beim Seetierfang, auf Dünenwanderung und am Spülsaum. Sie wissen nun, wie man Strandkrabben und Seesterne anfasst, wie sich eine Aalmutter anfühlt und warum die Portulak-Keilmelde salzig schmeckt. Sie haben ein Gespür für ihre Natur bekommen, kennen das Geheimnis des Wattwurms und können sogar anderen erklären, was ein Nationalpark ist und wo der Hund an die Leine gehört. Elf Schüler der dritten und vierten Klassen auf Sylt absolvierten erfolgreich in diesem Sommer die „Ausbildung“ zum Kinder-Wattführer. Sie endete mit einer echten Lehrprobe, bei der sie eine vierte Klasse durchs Watt führten, wobei jeder Kinder-Wattführer zwei Spezialthemen präsentierte. Das war harte Arbeit, sie lernten es fast wie Gedichte. Mit Stolz erhielten sie ihre Urkunden und sind nun Fachkenner im Wattenmeer.

Das Projekt startete 2010 mit sieben Hörnumer Grundschülern, der tatkräftigen Hilfe der Schulleiterin Christel Glöckner und finanzieller Unterstützung der Stiftung Sylter Dank. Kirsten Thiemann, die Hörnumer Stationsleiterin der Schutzstation Wattenmeer, organisierte mit den letzten Zivis Ferdinand und Janek das Lernabenteuer und freute sich, mit den Kindern Watt und Salzwiesen zu durchstreifen. Ihr Anliegen ist es, den einheimischen Kindern den Blick für das Wattenmeer zu öffnen und diesen Schatz erlebbar zu machen. „Sie sollen es wie ihre Westentasche kennen lernen“, ermuntert sie die Sylter Nachwuchs-Naturschützer.

Sea-Mail

„Hilf uns! Wir sind auf einer Insel gestrandet. Die Besatzung der Delphina“. Auch auf englisch und zwei weiteren Sprachen stand es so auf einem zerknitterten Zettel. Der steckte in einer Flaschenpost, die Martin Stock am Strand von Trischen entdeckt hatte. Ein dramatischer Hilferuf? Julia (9 Jahre), Ronja (8) und Jonathan (6) hatten ihren Hilferuf auf Borkum als Flaschenpost abgesetzt. Sie antworteten auf das Hilfsangebot: „Wir hätten nicht gedacht, dass unsere Post nach Trischen treibt. Grüßen Sie alle Seehunde weit und breit.“ Machen wir.

Bücher

Wissen Wattenmeer

Der Titel trifft’s: das reich und vorzüglich bebilderte Buch gibt einen umfassenden und aktuellen Überblick über das Wattenmeer-Wissen. Ebbe & Flut, Wattenmeer-Entstehung (mit Zutatenliste), Küstenbesiedlung, Meeresspiegelanstieg, Sturmfluten, die Entwicklung von Vogelbeständen und Nährstoffen, das Weltnaturerbe – nichts fehlt. Den bekannten Big, Small und Flying Five des Wattenmeeres werden Rocky, Swimming und Exotic Five zugesellt (Extinct Five könnten in der nächsten Auflage folgen). Viele Abschnitte beschreiben, was andere Wattbücher kaum nennen: internationale Ballungsräume (Miesmuschelbänke), 2 Rosen im Clinch (die konkurrierenden Kartoffel- und Dünenrosen), Lücken voller Leben (endlich, endlich etwas über das Sandlückensystem) oder die MacDonaldization (selber lesen) des Wattenmeeres. Kein lateinischer Artname verkündet wissenschaftlichen Anspruch und doch ist alles so profund wie wunderbar verständlich.

Ute Wilhelmsen und Martin Stock (2011): Wissen Wattenmeer. Wachholtz Verlag, 144 S., 24,80 €.


Herausgeber

LKN-SH | Nationalparkverwaltung
Schlossgarten 1 | D-25832 Tönning

Redaktion: Dr. Hendrik Brunckhorst, Bernhard Dockhorn
Kontakt:
www.nationalpark-wattenmeer.de
www.weltnaturerbe-wattenmeer.de