Moin. Es wird geschaut: Mit neuem Schiff und neuer Technik sehen Forscher Meer als je zuvor. Sie entdecken einen Flohkrebs, der der Regenwurm der Salzwiesen ist. Ranger blicken auf unangeleinte Hunde und die Nationalparkverwaltung darauf, wie Einheimische und Gäste den Nationalpark sehen. Bleiben Sie uns gewogen. Ihre Nationalparkverwaltung
Das Alfred-Wegener-Institut (AWI) in List auf Sylt hat ein neues Forschungsschiff: Die Mya II. Nichts Besonderes, könnte man denken. Überall gibt es Ersatzbeschaffungen; größer, schneller, besser. Die neue Mya hat es aber in sich: Dr. Harald Asmus freut sich über das Multifrequenz-Echolot, das es ermöglicht, Quallen, Garnelen oder einzelne Fischarten und die Größe der Tiere zu erkennen und sogar ihre Mengen zu bestimmen. „Bisher mussten wir viele Fische fangen und ihre Länge einzeln mit dem Messbrett bestimmen, nun können wir mit wenig Aufwand große Bereiche erfassen. Damit können wir die Bestände vieler Meerestiere bald viel besser abschätzen als bisher. Eine methodische Revolution.“ Erste Tests zeigten, dass in den Fahrrinnen wenige Fische vorkommen, sie sich aber an den Rändern der Priele konzentrieren. An der Wasseroberfläche wurden viele Sardellen registriert. Das deutsch-dänische Fischmonitoring des AWI im Sylter Raum wird vielleicht bald so gut sein, dass die Forscher auch dem derzeit noch rätselhaften Verbleib der in der Wiedau laichenden Nordseeschnäpel nach ihrer Abwanderung ins Meer auf die Spur kommen werden.
Erwartungsvoll sehen die Sylter Wissenschaftler auch dem Einsatz des Fächersonars entgegen, das Bodenstrukturen wie Miesmuschelbänke oder vielleicht noch bestehende Sandkorallenriffe ermitteln könnte. Mit einem anderen Gerät können Strömungsprofile aufgenommen werden. Weil das neue Schiff trotz des Tiefganges von nur 1,2 m seegängiger und schneller als die alte Mya ist, hat es einen großen Aktionsradius bis nach Helgoland und soll beispielsweise auch in dem von der Nationalparkverwaltung koordinierten Projekt STopP bei Langeness eingesetzt werden.
Das kleinste Forschungsschiff des AWI entspricht höchsten Umweltkriterien und trägt das Umweltzeichen Blauer Engel: Eine Abgasreinigungsanlage reduziert die Stickstoffoxide auf 15 % des heutigen Grenzwertes, der Schiffsanstrich ist umweltfreundlich, Abwasser oder ölhaltiges Bilgenwasser aus dem Maschinenraum werden im Hafen entsorgt. Die 4,5 Millionen Euro Entwicklungs- und Baukosten der Mya II stammen zu 10 % vom Land Schleswig-Holstein und zu 90 % aus Bundesmitteln.
Der diesjährige Internationale Wattenmeertag in Wilhelmshaven befasste sich mit den Salzwiesen. „Ihr Schutz ist eine Erfolgsgeschichte“, sagt Peter Südbeck, Leiter der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer. „Gemeinsam haben wir es geschafft, die große Salzwiesenflächen unter die höchste Schutzkategorie zu stellen und das in der Mitte Europas!“ Seit mehr als 40 Jahren wird dieser Lebensraum in Deutschland, Dänemark und den Niederlanden untersucht, was wesentlich zu seinem Schutz und Erhalt beigetragen hat.
Im Trilateralen Wattenmeerplan ist festgelegt, dass die Salzwiesenfläche in ihrer derzeitigen Größe erhalten und die Festlandssalzwiesen naturnäher entwickelt werden sollen. Seit einigen Jahren wird eine Überalterung vieler Salzwiesen festgestellt und die Artenvielfalt nimmt dort ab. Die Vorträge stellten Projekte zur Renaturierung von Salzwiesen vor, wie die Öffnung von Sommerdeichen und die Vernässung der bislang künstlich entwässerten Festlandssalzwiesen. Durch diese Maßnahmen werden Salzwiesen geschaffen, die sich dynamisch entwickeln können.
Ein Flohkrebs, Orchestia gammarellus, wurde übrigens als eine Schlüsselart der Salzwiesen identifiziert: Er bestimmt den pH-Wert des Bodenmilieus, den Abbau organischen Materials sowie die Biomasse und wird von Fischen in der Gräben der Salzwiesen gern und viel gefressen – er ist der Regenwurm der Salzwiesen.
Manchmal reichen freundliche Worte nicht. Man muss deutlicher werden. Auf dem Fußballplatz zieht der Schiedsrichter dann die Gelbe Karte. Unverkennbar zeigt sie: „So nicht!“. Ähnliche Situationen gibt es auch außerhalb des Fußballplatzes: Auf den Deichen an Nord- und Ostsee oder im Nationalpark Wattenmeer verscheuchen unangeleinte Hunde, die ihrem natürlichen Jagdtrieb folgen, immer wieder Schafe und Vögel – mit oftmals schwerwiegenden Folgen. Die Mitarbeiter des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN-SH) zeigen Hundehaltern, die der Anleinpflicht nicht folgen, deshalb künftig die Gelbe Karte.
Viele Deiche werden von Schafen bevölkert. Sie halten die Grasnarbe kurz und verdichten mit ihren Tritten den Boden. Vor freilaufenden Hunden fürchten sie sich naturgemäß und flüchten. Jedes Jahr verletzen Schafe sich dabei oder sie bleiben in Gräben stecken und ertrinken qualvoll bei auflaufender Flut. Meist ohne dass es die Halter bemerken, scheuchen freilaufende Hunde auch brütende oder rastende Vögel von Deichen, Vorländern oder Stränden. Rastende Zugvögel kostet dies ihre mühsam angefressenen Energiereserven. Bei brütenden Vögeln kühlen die Gelege aus oder ihre Jungen sind schutzlos Feinden ausgeliefert.
Jedes Jahr gibt es Dutzende dieser folgenschweren Störungen. Die an den Deichen tätigen LKN-Mitarbeiter und -Nationalparkranger informieren die Hundehalter in zahllosen Gesprächen über die Anleinpflicht. „Mitunter haben wir den Eindruck, dass unsere einfache Botschaft nicht deutlich wird. In diesen Fällen werden wir uns nun nicht auf unsere Erklärungen und unser Hunde-Faltblatt beschränken, sondern auch die Gelbe Karte ziehen“, erklärt Holger Krön, der als Sielwärter am Holmer Siel auf Nordstrand schon oft dramatische Situationen mit freilaufenden Hunden, gehetzten Schafen und geschockten Hundehaltern erlebt hat. Mit großer Deutlichkeit und kleinem Augenzwinkern vermittelt er nun die knappe Aussage auf der Rückseite der Karte: “Hunde sind auf allen Deichen und Vorländern und im Nationalpark immer anzuleinen. Sie vermeiden damit eine Straftat, Ordnungswidrigkeit oder vom Schäfer in Regress genommen zu werden.“ Die Gelbe Karte nennt auch die Rechtsgrundlage der Anleinpflicht, das Landeswassergesetz (§ 70 (1)) und das Nationalparkgesetz (§ 5 (1)).
Die Nationalparkverwaltung untersucht fortwährend den Zustand des Wattenmeers: Vögel werden gezählt, der Gesundheitszustand von Seehunden wird ermittelt und Pflanzenbestände werden kartiert. Ebenso erfolgt eine „Pulsmessung“ der Außenwirkung aller Bemühungen, um zu bestimmen, wie Menschen den Nationalpark sehen. Die Ergebnisse für 2012 fasst der aktuelle Bericht des Sozio-Ökonomischen Monitorings (SÖM) zusammen.
Die Westküstenbewohner stehen dem Nationalpark seit Jahren sehr positiv gegenüber: 45 % geben an, dass er ihnen wichtig sei, weitere 43 % sind sogar stolz auf ihn. Müssten sie über seinen Bestand entscheiden, würden 94 % der Einheimischen dafür stimmen.
Bei der Frage nach Nationalparken in Deutschland nennen 13 % der Bundesbürger die Wattenmeer-Nationalparke. Nur der Nationalpark Bayerischer Wald ist mit 24 % noch bekannter. Unsere Gäste sind interessiert: 840.000 Personen besuchten Informationseinrichtungen zum schleswig-holsteinischen Wattenmeer, 130.000 nahmen an Wattführungen teil.
Bücher
Gräser, Nester, Kieselalgen
Nach Ausweisung des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer 1985 wurden Weidenutzung und Entwässerung der Salzmarschen stark reduziert. In der Folge hat sich das Bild der Salzmarschen auffällig geändert. Die Broschüre „Gräser, Nester, Kieselalgen“ stellt Ergebnisse zur Ökologie von Salzmarschen vor, die in der Junior-Forschergruppe BASSIA erarbeitet wurden. Die Überschriften der einzelnen Themen zeigen, um was es geht: „Der Vormarsch der Salzmarsch“, „Nässe sorgt für Vielfalt“, „Strandquecke ist der Sieger“, „Schlickfänger und Nährstoffspeicher“, „Sorgenkind Austernfischer“ oder „Mit dem Meeresspiegel wachsen“. Erstmals, so das Vorwort, wurden die Datenreihen zu Brutvögeln, Vegetation und Nutzung miteinander in Beziehung gesetzt. Spannend und neu war auch die Betrachtung von Ökosystem-Dienstleistungen der Salzmarschen: Der Siliziumhaushalt ist bedeutsam für das Nahrungsnetz der vorgelagerten aquatischen Lebensräume und für die Wasserqualität. Das Höhenwachstum der Salzmarschen ist in Zeiten des Klimawandels und des damit verbundenen Meeresspiegelanstiegs entscheidend für deren Fortbestehen.
Gräser, Nester Kieselalgen – Ergebnisse des Salzmarschen-Forschungsprojektes BASSIA 2008-2012 (2013). Herausgeber und Bezug: Arbeitsgruppe Angewandte Pflanzenökologie der Universität Hamburg, Ohnhorststraße 18, 22609 Hamburg. Broschüre, 24 Seiten, A4.
Weitere Nationalparke für Deutschland?!
Nordschwarzwald, Hunsrück, Senne und Steigerwald – besonders dort spalten derzeit Diskussionen um die Ausweisung von Nationalparken die Bevölkerung. Doppeldeutig in der Aussage des Titels, aber eindeutig im Inhalt hat das Bundesamt für Naturschutz in einem Thesenpapier Argumente und Hintergründe zusammengestellt. Die Kapitel zur internationalen Glaubwürdigkeit und zu nationalen Zielen, zur Förderung ungelenkter Prozesse, zu Nationalparken als Freilandlabor und Lernort oder zur Wertschöpfung stellen viele gute Argumente für Nationalparke zusammen – auch für bestehende.
Scherfose, Riecken, Jessel (2013): Weitere Nationalparke für Deutschland?! Positionspapier des Bundesamtes für Naturschutz, Bonn.
Weites Licht auf stillem Land
„Watt ganz weit. Unendlichkeit – weit sichtbar. In Grenzen, die der Himmel setzt. Für Menschen, die klein werden in der endlosen Ausweglosigkeit. Denn Wege findet hier nur das Meer.“ So heißt es in „Weites Licht auf stillem Land“, dem neuen Wattenmeer-Buch von Martin Stock (Fotos) und Cordula Henne (Texte). Fußspuren im Sand, die schon morgen wieder verschwunden sind, Priele, die nach der nächsten Flut ihren Lauf verändert haben, Wellen, die im nächsten Moment verschwunden sind, Sonnenstrahlen, die so nur einen Augenblick lang die Landschaft verzaubern. All dies hat Martin Stock virtuos mit der Kamera eingefangen. Cordula Henne hat dazu gefühlvolle Texte geschrieben, die weit über diese Momente hinausgehen.
Dieses Buch enthält auf 96 Seiten Impressionen in Wort und Bild, die Vorfreude auf das Watt wecken oder aber die Erinnerungen an einen Spaziergang auf dem Meeresboden wieder lebendig werden lassen.
Martin Stock, Cordula Henne (2013): Weites Licht auf stillem Land. Neumünster/Hamburg, Wachholtz Verlag, 12,80 €.
Redaktion: Dr. Hendrik Brunckhorst, Bernhard Dockhorn Kontakt: www.nationalpark-wattenmeer.de www.weltnaturerbe-wattenmeer.de
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