Niedersachsen

08.05.2020 |

Frühlingserwachen im Watt

Nicht nur an Land, wo sich der Frühling durch die ersten Blütenpflanzen immer wieder ankündigt, auch im Watt gibt es viele Frühjahrsboten, die einem bei der Beobachtung des Wattbodens auffallen. Hierzu gehören die Laichballen verschiedener Borstenwürmer, die wie vergessene bunte Ostereier an der Wattoberfläche zu sehen sind.

In den gallertartigen Laichballen können sich über 10.000 Eier befinden. Sie werden an verschiedene Strukturen im Watt geheftet, an Stellen, an denen die Bedingungen für die Entwicklung der Eier für die nächsten zwei bis drei Wochen günstig sind.

Die ersten Laichballen, die man bei genauem Hinsehen erkennt, stammen vom Kiemenringelwurm (Scoloplos armiger). Sie sind rötlich bis pink. Fast gleichzeitig sieht man die bräunlichen Gallertkugeln des Kotpillenwurms (Heteromastus filiformis), der im Gegensatz zum Kiemenringelwurm schlickige Wattbereiche bevorzugt. Unter einem Quadratmeter Watt können Tausende Exemplare seiner Art leben. Sein Name bezieht sich auf seine schwarzen Kot-Kügelchen, die man an der Wattoberfläche entdecken kann. Einige seiner Laichballen hat die bei der Nationalparkverwaltung arbeitende Wattökologin Inga Nordhaus in ihrem Untersuchungsgebiet in diesem Frühjahr fotografisch dokumentiert.

Wenn die Laichballen der beiden Wurmarten fast schon verschwunden sind, tauchen auf den Wattflächen die grün gefärbten Gallertkugeln des Gefleckten Blattwurms (Phyllodoce maculata) auf. Sie sind fast den ganzen April über auf den Wattflächen zu finden. Der Muschelbankforscherin Winny Adolph von der Nationalparkverwaltung sind in diesem Frühjahr ein paar schöne Fotos dazu gelungen. Bis Ende April schlüpfen, wie vorher schon bei den anderen Arten, auch aus diesen Laichballen die Wurmlarven, die dann einige Wochen frei im Wasser schwimmen, bevor sie im Sommer als junge Blattwürmer wieder zum Bodenleben übergehen.

 

Laichballen des Gefleckten Blattwurms an Seetang

© Winny Adolph

Der Gefleckte Blattwurm ist ein spannender Bewohner des Watts, der leicht übersehen wird, da er schmal und dünn ist und oft im Sediment eingegraben lebt. An die Wattoberfläche kommt er bevorzugt nachts. Da er sich hauptsächlich von Aas ernährt, kann er über Entfernungen von bis zu 15 Metern gestorbene Watttiere riechen. So kann es sein, dass sich an einer toten Muschel innerhalb weniger Minuten mehrere hundert Gefleckte Blattwürmer finden. Um selber nicht gefressen zu werden, produzieren die Würmer einen übel schmeckenden Schleim, der angreifenden Fressfeinden meist erfolgreich den Appetit verdirbt.

Falls Sie Laichballen oder gar Gefleckte Blattwürmer finden und eine Bestimmungshilfe benötigen, so können Sie im BeachExplorer nachgucken. Dort können Sie auch Ihre Fundmeldungen eingeben und so zur Erfassung der biologischen Vielfalt im Wattenmeer beitragen.