Niedersachsen

29.12.2021 |

Sternenhimmel statt Böller und Raketen

Im Nationalpark Wattenmeer sind Feuerwerke tabu. Dafür bietet das Weltnaturerbe zum Jahreswechsel einen besonders stimmungsvollen Sternenhimmel – nachhaltig und kostenlos.

Silvester steht vor der Tür und viele Menschen möchten das Neue Jahr in einem besonderen Rahmen begrüßen. Für die einen gehört dazu ein schönes Essen im Familien- oder Freundeskreis, Musik, Spiele und knallende Sektkorken um Mitternacht. Andere lassen es gern lauter krachen – mit einem Feuerwerk aus Böllern und leuchtenden Raketen. Jedes Jahr entzündet sich erneut die Diskussion, ob Feuerwerk angesichts der nachteiligen Auswirkungen auf Mensch und Tier, Natur und Umwelt noch zeitgemäß ist. Für den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer erübrigt sich die Debatte: Zum Schutz der wild lebenden Tiere sind Feuerwerke innerhalb des Nationalparks streng verboten.

Dafür bietet das Schutzgebiet abseits der großen Siedlungsbereiche ein unbezahlbares Lichtspektakel: Bei klarem dunklem Nachthimmel entfaltet sich über dem Wattenmeer ein faszinierendes Sternenzelt. In diesem Jahr wurden die Inseln Spiekeroog im niedersächsischen und Pellworm im schleswig-holsteinischen Wattenmeer von der International Dark Sky Association als erste Sterneninseln in Deutschland ausgezeichnet. Aber auch andere Wattenmeer-Inseln und wenig besiedelte Küstenabschnitte laden dazu ein, staunend zu beobachten, wie ein Stern nach dem anderen am Firmament erscheint. „Dieses einzigartige Erlebnis direkt vor unserer Haustür gibt es völlig kostenlos, ohne Lärm und Luftverschmutzung, ohne Müll und Verletzungsgefahr“, fasst Imke Zwoch, Sprecherin der Nationalparkverwaltung, die Pluspunkte gegenüber dem Feuerwerk zusammen.

Initiator der Sterneninsel-Auszeichnung ist der renommierte Astrophysiker Dr. Andreas Hänel. Während einer nächtlichen Exkursion auf Spiekeroog zeigte sein Messgerät eine perfekte Dunkelheit an, die er bisher weltweit nur an ganz wenigen Orten gemessen hatte. Sein persönlicher Tipp: Für die kommende Silvesternacht gibt es besonders gute Aussichten, da der Himmel in diesem Zeitraum – zwei Tage vor Neumond – besonders dunkel ist.

Für Zugvögel ist der Sternenhimmel – neben ihrem Magnetsinn – eine wesentliche Orientierungsquelle. Die meisten Vögel ziehen nachts. Auch sie profitieren von einem natürlichen Sternenhimmel, der nicht durch künstliche Lichtquellen (Lichtverschmutzung) beeinträchtigt wird. Das Wattenmeer ist für Abertausende Gänse, Enten, Watvögel und Singvögel ein überlebenswichtiges Rastgebiet. „Die Vögel, die hier überwintern, brauchen jetzt bei Kälte und knappen Nahrungsreserven besonders viel Ruhe“, erklärt Imke Zwoch. „Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass Feuerwerk erhebliche, teilweise sogar lebensbedrohliche Auswirkungen auf die Tiere hat.“ Oftmals kommen sie danach tagelang nicht zur Ruhe und nehmen keine Nahrung zu sich. Auch direkte stressbedingte Todesfolgen wurden festgestellt. „Der Verzicht auf Böller und Raketen – freiwillig auch außerhalb des Nationalparks – ist ein wichtiger Beitrag zum Schutz unserer Zugvögel, die uns tagsüber mit ihren kunstvollen Flügen am Himmel erfreuen“, so Imke Zwoch. „Und das gemeinsame Erleben des stillen Sternenhimmels in der Silvesternacht ist für Menschen in Feierlaune mal ein ganz anderes Event als das altgewohnte Feuerwerk – eine echte win-win-Situation.“