Niedersachsen

Moose im Außendeichsmoor erholen sich nach Dürrejahren

Die Hitzesommer 2018 und 2019 sind auch an den Mooren nicht spurlos vorübergegangen. Viele Moosarten sind 2020 bei einer Kartierung im Sehestedter Außendeichsmoor beim „GEO Tag der Natur“ nur vertrocknet und abgestorben aufgefunden worden. In kleinen Schritten, aber dennoch spürbar, erholt sich die Moorvegetation nun wieder. Dies konnte bei einer Nachkartierung der Moose festgestellt werden.

Der „GEO Tag der Natur“ 2020 im Sehestedter Außendeichsmoor hinterließ einen besorgniserregenden Eindruck zum Zustand des Moores bei den beteiligten Kartierer:innen. Im Zuge der trockenen Sommer war vor allem die Moosvegetation stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Moos-Fachleute (Bryolog:innen) suchten lange nach Torfmoosen, die überwiegend vertrocknet und von der Sonne verbrannt einen traurigen Anblick boten. Deshalb fassten die Beteiligten ins Auge, das Moor zu einem anderen Zeitpunkt erneut zu kartieren, um einen besseren Überblick über das Arteninventar und den Zustand des Moores zu erhalten. Im März 2022 wurde dies von einer kleinen hochmotivierten Gruppe aus Ehrenamtlichen (Thomas Homm, Dörte Wolff, Rüdiger von Lemm), Staatlicher Moorschutzverwaltung (Janina Voskuhl) und Nationalparkverwaltung (Annelie Hedden, Karla Schulze) umgesetzt.

 

Moos-Kartierer:innen im Sehestedter Außendeichsmoor
Hochmotivierte Moos-Kartierer:innen im Sehestedter Außendeichsmoor

© Karla Schulze

Vereistes Warziges Torfmoos (Sphagnum papillosum)
Vereistes Warziges Torfmoos (Sphagnum papillosum)

© Karla Schulze

Nachdem im Sommer 2020 ein Großteil der Moose vertrocknet und von der Sonne verbrannt schwer bestimmbar war, stellten 2022 die in den Morgenstunden noch gefrorenen Moose die Kartierer:innen vor eine ähnliche Herausforderung. Doch die kräftige Wintersonne lies Bryolog:innen und Moose schnell auftauen und so zeigte sich bald, dass die Niederschläge des letzten Jahres dem Moor gut getan haben. An vielen Stellen konnte beobachtet werden, wie die zähen Torfmoose beginnen, ihren einstigen Lebensraum zurück zu erobern. Die meisten bisher aus dem Gebiet bekannten Moosarten konnten bei der Kartierung erneut nachgewiesen werden. Unter den insgesamt 30 Arten finden sich viele typische Hochmoormoose und verhältnismäßig wenige Stör- und Degenerationszeiger.

Das Arteninventar ist im Rahmen des Erwartbaren als weitestgehend vollständig zu betrachten. Hinzu kamen zwei neue Arten, die in den intensiven Untersuchungen seit 1936 erstmalig in diesem Gebiet nachgewiesen werden konnten. Dabei handelt es sich zum einen um das hübsche Glanz-Torfmoos (Sphagnum subnitens), das im Gelände durch seine rötlich gefärbten Köpfchen mit hellgrünem Zentrum auffällt. Dies ist eine Art der Übergangsmoore, Sümpfe und gestörter Hochmoore, die laut dem Experten Thomas Homm als in Ausbreitung begriffen und insgesamt unterkartiert einzustufen ist. An der niedersächsischen Küste gilt dieses Torfmoos, wie in ganz Niedersachsen, nach der Roten Liste als stark gefährdet. Im Nationalpark kam die Art früher auch auf Borkum, Juist und Langeoog vor. Derzeit befinden sich neben dem neuen Vorkommen im Sehestedter Außendeichsmoor nur auf Norderney mehrere gesicherte Vorkommen (KOPERSKI 2011).

Glanz-Torfmoos (Sphagnum subnitens)
Glanz-Torfmoos (Sphagnum subnitens)

© Karla Schulze

Die zweite neu nachgewiesene Art ist das Zarte Kleinkopfsprossmoos (Cephaloziella elachista), ein kleines beblättertes Lebermoos mit Sprossen schmaler als 0,5 mm und gerade mal 0,25 mm langen Blättern (British Bryological Society 2010). Es gilt ebenfalls an der Küste, wie in ganz Niedersachsen und Bremen, als stark gefährdet (KOPERSKI 2011). Diese typische Hochmoorart wächst versteckt zwischen Torfmoosen und kommt gelegentlich auch in pfeifengrasgeprägten, nassen Heiden vor (British Bryological Society 2010). Ein weiterer Nachweis im Nationalpark ist nicht bekannt. Aufgrund seiner geringen Größe und Unscheinbarkeit kann es trotz intensiver Untersuchung durch fachkundige Bryolog:innen sein, dass diese Art im Außendeichsmoor bisher schlichtweg übersehen wurde. Ähnliches gilt für einen Teil der ehemals kartierten Arten, die bei der aktuellen Kartierung trotz gründlicher Suche nicht nachgewiesen konnten.

Insgesamt zeigte die Untersuchung, dass sich der Zustand des Sehestedter Außendeichsmoors durch die Niederschläge des letzten Jahres von den Dürresommern erholt. Um das Moor weiter zu schützen und zu erhalten, führt die Nationalparkverwaltung in Zusammenarbeit mit der Staatlichen Moorverwaltung regelmäßig Pflegeeinsätze durch. Dabei wird der Gehölzaufwuchs entfernt. Ein solcher Einsatz ist auch für dieses Jahr geplant. Somit besteht die Hoffnung, dass das schwimmende Moor als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie für kommende Generationen in seinem jetzigen Zustand weiter erhalten werden kann.

Sehestedter Moor
Das Sehestedter Moor.

© Karla Schulze

Junger Gehölzaufwuchs im Sehestedter Moor
Junger Gehölzaufwuchs im Sehestedter Moor

© Karla Schulze