Die Neufassung ersetzt die Vorgängerverordnung aus dem Jahr 1992. Sie geht auf einen gemeinsamen Vorschlag der drei Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg aus dem Jahr 2017 zurück, der aufbauend auf regionalen Gesprächsrunden mit Wassersportverbänden, Naturschutzverbänden und Behörden erarbeitet wurde.
Grund für die Neufassung sind erhebliche Veränderungen und Erweiterungen der Nationalparkflächen in den letzten 30 Jahren. Durch die natürliche Dynamik des Wattenmeers verlagern sich regelmäßig Priele und Sandbänke im Meeresgebiet. Ein Neuzuschnitt besonderer Schutzbereiche für Seehunde, Kegelrobben und Vögel wird dadurch notwendig. Außerdem wird der Nationalpark deutlich stärker befahren, als noch vor drei Jahrzehnten. Heutzutage verbreitete Nutzungen wie das Kitesurfen oder Schnell-Fahrten zu Offshore-Windparks bedurften beim Erlass der damaligen Verordnung keiner Regelung. Die Neufassung der Verordnung trägt der gestiegenen Nutzung Rechnung. Eine wirksame Schutzverpflichtung folgt dabei auch aus europarechtlichen Vorgaben für das Wattenmeer; die drei Nationalparke sind als FFH- und EU-Vogelschutzgebiet zentrale Bestandteile des europäischen Schutzgebietsnetzwerks Natura 2000.
Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt sagte: „Unser Wattenmeer ist ein Ökosystem von Weltrang und beansprucht höchsten Schutz. Hier leben, urlauben und wirtschaften aber auch Menschen und regionale Unternehmen mit ihren vielfältigen Ansprüchen. Dazu zählen eine gute Erreichbarkeit der Inseln und Halligen per Schiff. Diese Verpflichtungen und Interessen in Einklang zu bringen, ist der Kern der neuen Regelungen. Es zahlt sich aus, dass wir diese Fragen für unseren Nationalpark im Vorfeld intensiv mit allen Betroffenen diskutiert haben. Ich danke insbesondere unseren beiden Nationalpark-Kuratorien für die konstruktive Beteiligung.“
Jens Kerstan, Senator für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft der Freien und Hansestadt Hamburg ergänzte: „Der Hamburger Wattenmeer-Nationalpark mit der Insel Neuwerk und um die Vogelinseln Scharhörn und Nigehörn ist eine Perle direkt neben dem vielbefahrenen Elbfahrwasser. Für seinen Schutz sind wir zur Lenkung des Verkehrs auf dem Wasser auf die Regelungen des Bundes angewiesen. Ich freue mich, dass wir hierzu nun eine aktuelle Verordnung haben.“
Die neuen Regelungen ordnen wie bisher Geschwindigkeitsbeschränkungen an und weisen besondere Gebiete aus, für die zeitliche Befahrensbeschränkungen oder Sperrungen gelten. Hier befinden sich die besonders schutzwürdigen Liegeplätze von Robben, Rastplätze von Zugvögeln oder Mausergebiete von Meeresenten.
Neu eingeführt wird das Instrument der sogenannten Allgemeinen Schutzgebiete. In ihnen ist das Trockenfallenlassen nur an ausgewiesenen Stellen zulässig. Allgemeine Schutzgebiete entsprechen den Kernbereichen der Nationalparke (Zone 1, „Ruhezone“) und ersetzen die bisher dort geltende sog. 3-Stunden-Regelung. Sie besagt, dass Bereiche außerhalb der Fahrwasser nur in einem Zeitraum von drei Stunden vor bis drei Stunden nach Hochwasser befahren werden durften. Das hatte sich als unpraktikabel erwiesen. Freizeitnutzungen, die typischerweise mit besonderen Auswirkungen für die Tierwelt verbunden sein können, sind auf bestimmte Bereiche verwiesen.
In Niedersachsen breit diskutiert wurde zwischen den Beteiligten das Thema Kitesurfen; die dafür vorgesehenen Bereiche mit über 3.000 ha sind gegenüber der vormals auf landesrechtlicher Grundlage bestimmten Flächenkulisse praktisch verdoppelt. Auch in Schleswig-Holstein gibt es ein großzügiges Flächenangebot, das die bestehenden Kitesurf-Spots einschließt. Mit den ausgewiesenen Kitebereichen besteht ein Angebot, das eine Ausübung des Sports in der gesamten Wattenmeerregion auf kurzem Wege ermöglicht.
Die neu austarierten Regelungen sollen berechtigte Nutzungsinteressen der gewerblichen Schifffahrt und des Freizeitverkehrs mit den Schutzansprüchen der Nationalparke als Teil des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer und des Netzes Natura 2000 in einen angemessenen und funktionierenden Ausgleich bringen. Gerade der Tourismus als überragender Wirtschaftszweig an der Küste hat eine möglichst gering beeinträchtigte Natur zur Grundlage, die es großflächig und mit der ihr eigenen natürlichen Dynamik zu schützen gilt.