Schleswig-Holstein

07.08.2023 |

Vogelsterben an der Westküste Schleswig-Holsteins

Das zweite Jahr in Folge ist die Vogelgrippe bei Wildvögeln im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer nicht mehr nur im Winterhalbjahr, sondern auch zur Brutzeit aufgetreten. Betroffen sind davon vor allem Brutkolonien, in denen sehr viele Vögel auf engstem Raum zusammenkommen.

Seit Mitte April 2023 waren in West- und Mitteleuropa insbesondere Brutkolonien von Lachmöwen von Vogelgrippeausbrüchen betroffen und ab Anfang Mai gab es auch an der Nordseeküste Schleswig-Holsteins Vogelgrippe-Nachweise bei Lachmöwen und Flussseeschwalben sowie je einer Brandseeschwalbe, Küstenseeschwalbe und Lachseeschwalbe.

Besonders stark von einem Ausbruch betroffen war ab der 24. Kalenderwoche die Lachmöwenkolonie am Eidersperrwerk (1.700 Brutpaare). Dort wurden im Koloniebereich insgesamt 2.459 tote Küken und 144 tote Altvögel aufgefunden und aus der Kolonie entfernt. Durch die hohe Anzahl an verstorbenen Jungtieren, gibt es im Jahr 2023 praktisch keinen Bruterfolg in der Lachmöwen-Kolonie am Eidersperrwerk.

Von den ebenfalls am Sperrwerk nistenden Küsten- und Flussseeschwalben wurden 70 tote Küken und 52 tote Altvögel eingesammelt und aus dem Koloniebereich entfernt.

Seit Ende Juni 2023 wurden auch in den Brutkolonien im Vorland des Neufelderkooges vermehrt tote Vögel gefunden. Auch hier waren besonders frisch geschlüpfte Lachmöwenküken von den Auswirkungen der Vogelgrippe betroffen und es starben in den vergangenen Wochen mehr als 2.000 Tiere.

Ebenfalls stark betroffen waren die dortigen Flussseeschwalben-Kolonien. Mehr als 700 tote Flussseeschwalben (ganz überwiegend Küken) wurden hier aufgefunden und größtenteils aus dem Koloniebereich entfernt.

Die mit ihrem letzten mitteleuropäischen Bestand ebenfalls in den Vorländern des Neufelderkoogs brütende und stark gefährdete Lachseeschwalbe war deutlich weniger betroffen. Jedoch gab es auch hier einen Vogelgrippenachweis bei einem toten Küken.

Mittlerweile ist das Brutgeschehen in den Brutvogelkolonien im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer weitestgehend abgeschlossen und die Kolonien lösen sich für diese Saison wieder auf.

Auch auf Helgoland gab es in diesem Sommer wieder einen Vogelgrippe-Ausbruch in den Seevogelkolonien. Nachdem im vergangenen Jahr Basstölpel am stärksten betroffen waren, erkrankten und verstarben nun überwiegend Trottellummen-Küken an der Vogelgrippe.

Hintergrund Vogelgrippe

Die hochpathogene aviäre Influenza, auch Geflügelpest oder Vogelgrippe genannt, ist eine durch Viren verursachte, anzeige- und bekämpfungspflichtige Tierseuche, die bei gehaltenen Vögeln und Wildvögeln nach teilweise schweren Erkrankungserscheinungen sehr schnell zu massenhaftem Verenden führen kann.

Bereits in den vergangenen drei Wintern gab es in Schleswig-Holstein große Ausbrüche der Vogelgrippe bei Wildvögeln und in Geflügelhaltungen. An der Nordseeküste waren davon besonders hier rastende Gänse- und Entenarten wie Nonnengänse und Pfeifenten betroffen. Im Dezember 2020 kam es zudem zu einem Massensterben von Knutts. Über längere Zeiträume wurden deshalb landesweit sogenannte Biosicherheitsmaßnahmen durch das schleswig-holsteinische Umweltministerium und in einigen Kreisen Stallpflicht angeordnet. Die Übertragung auf weitere Geflügelhaltungen sollte so verhindert werden.

Brandseeschwalben und Basstölpel

Im Sommer 2022 trat die Vogelgrippe erstmals auch während der Brutzeit im Sommer auf. Besonders betroffen waren Brandseeschwalben und Basstölpel.

Es wurden an vielen Stellen der schleswig-holsteinischen Westküste, besonders an den Stränden von Sylt, Amrum und Föhr, tote Basstölpel gefunden, die an der Vogelgrippe erkrankt waren. Von der Nationalparkverwaltung Schleswig-Holstein wurden 347 tote oder moribunde Basstölpel erfasst. Die Herkunft der toten Basstölpel konnte nicht eindeutig ermittelt werden. Es wurden auch in der Kolonie auf Helgoland sehr starke Verluste durch Vogelgrippe festgestellt; die höchsten Zahlen wurden aber aus Großbritannien (z.B. vom Bass Rock) gemeldet.

Im gesamten deutschen Wattenmeer (unter anderem Minsener Oog in Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und Neuwerk im Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer) waren außerdem Brandseeschwalben deutlich betroffen. Im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer traten Anfang Juni 2022 die ersten toten Brandseeschwalben auf. In den Brutkolonien auf der Hallig Norderoog wurden knapp 650 tote Altvögel und rund 2.900 tote Jungvögel registriert; 163 Totfunde gab es im übrigen Nationalparkgebiet außerhalb der Brutkolonien. Die an mehreren Brandseeschwalben-Kadavern genommenen Proben zeigten, dass die Tiere fast ausnahmslos an der Vogelgrippe erkrankt waren.

Die Norderooger Kolonien mit etwa 5.400 Brutpaaren (Stand 2022) bilden das einzige Brutvorkommen der Brandseeschwalbe in Schleswig-Holstein und gehören zu den größten in Europa. Die Art gilt daher nach den Roten Listen in Schleswig-Holstein und in Deutschland als vom Aussterben bedroht. Die Sterberate adulter Brandseeschwalben lag 2022 auf Norderoog deutlich niedriger als in den ebenfalls von Vogelgrippe betroffenen Kolonien in Niedersachsen, den Niederlanden sowie in Belgien und Nordfrankreich. Zum jetzigen Zeitpunkt konnte in der Brandseeschwalben Kolonie auf Norderoog die Vogelgrippe bei einem Altvogel nachgewiesen werden. Massensterbeereignisse wie in anderen Seevogelkolonien gab es in diesem Jahr auf Hallig Norderoog nicht.

Nationalparkverwaltung beobachtet Lage

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen und den diesjährigen Ausbrüchen am Eidersperrwerk und im Neufelder Koog beobachtet die Nationalparkverwaltung in enger Zusammenarbeit mit den betreuenden Verbänden die Lage bezüglich der Vogelgrippe weiterhin aufmerksam.

Die Nationalpark-Ranger*innen nehmen gegebenenfalls von verendeten Vögeln Tupferproben, um eine Untersuchung auf Vogelgrippe-Viren oder andere Erkrankungen zu veranlassen. Bei Bedarf werden Totvögel unter Einhaltung von Schutzmaßnahmen eingesammelt und fachgerecht entsorgt.

Und ich?
  • Was tun, wenn ich einen toten oder sterbenden Vogel finde?

    An der Vogelgrippe erkrankten Vögeln kann man leider nicht helfen. Wenn Sie einen toten oder sterbenden Vogel finden, lassen Sie ihn ohne unnötigen Stress in Ruhe sterben. Lassen Sie ihn, wo er ist, damit die Viren nicht noch weiter verbreitet werden. Berühren Sie ihn bitte nicht, und wenn er noch lebt, stören Sie ihn nicht. Wenn Sie einen Hund haben, halten Sie ihn von dem Vogel fern und angeleint.

  • Funde von verendeten wildlebenden Vögeln im Nationalpark und auf den Landesschutzdeichen können Sie an die Nationalparkverwaltung melden. Außerhalb dieser Bereiche melden Sie Funde bitte den Ordnungs- und Veterinärämtern der jeweiligen Kreise bzw. der kreisfreien Stadt.
    Kontakt Nationalparkverwaltung