Niedersachsen

Mittwinterzählung in Gambia

Unter dem Dach der 2012 gegründeten Waddensea Flyway Initiative gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen Zugvogel-Fachleuten aus dem Wattenmeer und Westafrika, wo viele „unserer“ Zugvögel überwintern. Im Januar waren zwei Kollegen aus unserem Haus in Gambia, um das dortige Team des Departments of Parks and Wildlife Management bei der Mittwinterzählung der Wat- und Wasservögel zu unterstützen, die zu diesem Zeitpunkt in allen Ländern entlang des ostatlantischen Zugweges stattfindet. Aus dem langjährigen fachlichen Austausch haben sich mittlerweile Freundschaften entwickelt. Neben der gemeinsamen Vogelzählung (mit spannenden Entdeckungen) geht es auch darum, die Bedingungen und Strukturen für Monitoring, Erforschung und Schutz der Zugvögel in diesen Partnerländern zu verbessern.

Woher wissen wir eigentlich, wie sich die Bestände der Wattenmeer-Zugvögel in den letzten Jahren entwickelt haben? Bekanntermaßen sind nicht alle Individuen einer Vogelart zum selben Zeitpunkt an einem bestimmten Ort anzutreffen, wo man sie auf einen Schlag zählen könnte. Um das Monitoring und auch den Schutz der Zugvögel entlang des Ostatlantischen Zugweges auf eine gute Basis zu stellen, wurde 2012  die Waddensea Flyway Initiative (WSFI) ins Leben gerufen, die u. a. alle drei Jahre eine internationale Mittwinterzählung organisiert. Hierbei werden im Januar zwischen der Arktis und Südafrika alle Wat- und Wasservögel von tausenden Vogelzähler:innen in ihren bekannten Lebensräumen erfasst. Die hierbei gewonnen Daten werden ausgewertet und in einem Bericht veröffentlicht.

Ein Ziel der WSFI ist auch die Stärkung der fachlichen und strukturellen Kapazitäten in den Partnerländern. Seit nunmehr acht Jahren unterstützt die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer Kolleginnen und Kollegen an der westafrikanischen Küste, vor allem in Gambia. Auch dort gibt es versierte Ornitholog:innen, die allerdings unter Rahmenbedingungen arbeiten, die von fehlendem Equipment bis hin zu vielfältigen logistischen Problemen geprägt sind. Vor allem mangelt es auch an den finanziellen Möglichkeiten im Land. Neben der gemeinschaftlichen Durchführung der Zählungen werden daher immer auch politische Gespräche geführt und die Situation und Weiterentwicklung der Schutzgebiete in Gambia unterstützt.

 Vom 12. bis zum 22. Januar trafen Peter Südbeck und Dr. Rune Michaelis im westafrikanischen Gambia auf das dortige Erfassungsteam, das sich aus Mitarbeitenden des Departments of Parks and Wildlife Management zusammensetzt. Über viele kooperative Jahre sind mittlerweile auch Freundschaften entstanden, ein wunderbarer Nebeneffekt dieser Zählung! Aus ornithologischer Sicht ist es immer wieder erstaunlich, wie sich „unsere“ aus dem Wattenmeer bekannten Vögel in ihren über den Jahresverlauf wechselnden Lebensräumen verhalten: Flussuferläufer balancieren wie Seiltänzer über die geschwungenen Wurzeln der Mangroven, Brandseeschwalben ruhen dicht an dicht mit den „ganz großen“ Raubseeschwalben. Apropos Brandseeschwalbe: Die im letzten Jahr von der Vogelgrippe stark betroffene Art scheint zumindest in ihren afrikanischen Winterquartieren derzeit keine Schwierigkeiten zu haben. Das weckt Hoffnungen! Mit den Kolleginnen und Kollegen vor Ort wurden aber eben nicht nur Vögel gezählt, sondern auch inhaltlich diskutiert. Bei einem Workshop mit Kolleg:innen aus verschiedenen Fachbereichen wurden die notwendigen Schritte debattiert, um einen Antrag für die Ausweisung eines UNESCO-Biosphärenreservates zu erstellen. Auch das verbindet uns, sind doch die Inhalte solcher Diskussionen mit denen bei uns geführten ziemlich vergleichbar.