Projektziel ist es, erstmals über fast alle deutschen Nationalparke hinweg in den verschiedenen Großlandschaften – vom Hochgebirge über die Mittelgebirge bis hin zu den Küsten – standardisiert zu untersuchen, wie Aas in den verschiedenen Ökosystemen von Wirbeltieren, Insekten sowie Bakterien und Pilzen zersetzt wird. Damit soll der Schutz der natürlichen, unbeeinflussten Entwicklung ganz nach dem Nationalparkmotto „Natur Natur sein lassen“ um ein wichtiges Thema ergänzt und um den Schutz eines bisher fast nicht bekannten Teils der Artenvielfalt erweitert werden.
Das auf fünf Jahre angesetzte Entwicklungs- und Erprobungsvorhaben wird vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) gefördert. Dabei werden jährlich über einen Zeitraum von drei Jahren acht natürlich verendete oder bei Wildunfällen tödlich verunglückte und nicht mehr für den menschlichen Verzehr geeignete Rehkadaver auf den Flächen der Schutzgebiete ausgebracht und belassen. Bei der Beschaffung der toten Tiere arbeitet die Nationalparkverwaltung eng mit den regionalen Jägerschaften sowie dem Nationalpark-Haus Seehundstation Norddeich zusammen.
In einem wissenschaftlichen Ansatz werden dann in den Salzwiesen oder Dünen des Nationalparks gezielt Probeflächen eingerichtet, in denen entweder ein Reh (in allen deutschen Nationalparken) oder ein Seehund (nur im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer als typische Art) ausgelegt werden. Eine dritte Kontrollfläche bleibt ohne Aas.
In den Flächen wird wissenschaftlich erhoben, welche Tier-, Bakterien- oder Pilzartenarten am Kadaver zu finden sind. Große Aasfresser werden mittels Fotofallen, Insekten mittels so genannter Barberfallen, Pilze und Bakterien mit Hilfe von Abstrichen erfasst und genetisch analysiert. Untersucht werden die optimalen Bedingungen des Aasangebots, um die Auswirkungen auf die Diversität der Kadaverbesucher schutzgebietsübergreifend zu erforschen.
Parallel dazu soll auch die Öffentlichkeit an dem Vorhaben sowie dessen Ergebnissen unter dem Motto „Werden und Vergehen in den Nationalparken“ beteiligt werden. Dazu findet eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit in Presse, Radio und Fernsehen, auf Websites und in Sozialen Medien statt.
Am Ende des Projektes sollen Handlungsempfehlungen für das Management in Nationalparken gegeben werden können. Ein Wissens- und Ergebnistransfer übergreifend auf Deutschlands Wildnisgebiete und weitere Nationale Naturlandschaften ist ein großes Anliegen und Ziel aller am Projekt beteiligten Partner.