Niedersachsen

14.11.2023 |

Das Wattenmeer tut gut

Wie Naturerleben die Gesundheit stärken kann, stand im Fokus des 12. Weltnaturerbeforums in Norddeich.

Von „Yoga am Baum“ bis „Watt für die Seele“: Die Akteure der Welterbe-Gemeinschaft  warfen beim 12. Weltnaturerbeforum einen Blick auf Möglichkeiten, wie man die Natur als Kraftquelle für den eigenen Alltag entdecken kann. Die Referentinnen und Referenten spannten vor 75 Teilnehmenden einen Bogen von Entspannungstrainings im Wald über Wattenmeer-Achtsamkeitsübungen bis zum Thema Nachhaltigkeit im Klinikalltag. Hinzu kamen neue Erkenntnisse über die touristischen Gäste am Wattenmeer. Seit der Auszeichnung zum UNESCO-Weltnaturerbe 2009 treffen sich die Akteure aus Naturschutz, Kommunen, Verwaltung, Politik, Wirtschaft, Tourismus und Umweltbildung jährlich zum Weltnaturerbeforum. Organisiert wird die Veranstaltung von der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer und der Tourismus Agentur Nordsee (TANO).

Die Dr. Becker Klinik Norddeich bot als Veranstaltungsort den passenden Rahmen. Seit Juli ist die Klinik als erster Partner-Betrieb der Gesundheitsbranche im Netzwerk der Nationalpark- und Biosphären-Partner Niedersächsisches Wattenmeer zertifiziert, und plant weitere Maßnahmen, um als Botschafter für das Weltnaturerbe Wattenmeer zu wirken. Klinikdirektor Bernd Hamann: „Der Schutz des Weltnaturerbes als Naturraum und Erlebnisraum hat eine sehr wichtige Verbindung zu unserem Handeln und Tun in der Klinik. So wird das Wattenmeer bereits in unserem Klinikalltag sowohl in der Therapie für Rehabilitand*innen als auch in Angebote für Mitarbeitende eingebunden. Auch das Thema Nachhaltigkeit hat durch die unternehmensweite Nachhaltigkeitsinitiative ‚Natürlich für morgen‘ einen hohen Stellenwert für uns. Denn wenn wir als Gesundheitseinrichtung den Menschen zu einer hohen Lebensqualität verhelfen wollen, müssen wir auch die Lebensbedingungen von uns allen langfristig erhalten. Daher freuen wir uns sehr, dass das Weltnaturerbeforum in diesem Jahr bei uns stattfindet.“

„Als Weltnaturerbe ist dem Wattenmeer ein außergewöhnlicher universeller Wert zugesprochen worden, den es zu erhalten gilt. Dabei kann es nur hilfreich sein, sich daran zu erinnern, dass es auch dem Menschen in einer intakten Natur besser geht“, hob Peter Südbeck, Leiter der Nationalparkverwaltung, hervor und betonte die Bedeutung eines großen Netzwerks an Unterstützern für das Weltnaturerbe. Mario Schiefelbein, Geschäftsführer der TANO, unterstrich: „Wirklich zukunftsfähig ist Tourismus nur, wenn er in der Region umweltschonend, sozialverträglich und wirtschaftlich tragfähig gestaltet wird. Daher setzt sich die TANO für einen nachhaltigen Tourismus und für den Erhalt des Welterbes Wattenmeer ein.“

 

Mario Schiefelbein und Peter Südbeck begrüßen die Teilnehmenden des 12. Weltnaturerbeforums
Mario Schiefelbein und Peter Südbeck begrüßen die Teilnehmenden des 12. Weltnaturerbeforums

© F. Carius

Der Blick über den Tellerrand gehört zum Konzept des Welterbeforums: So stellte Meike Krebs-Fehrmann, Projektmitarbeiterin in der Verwaltungsstelle der Biosphärenregion Berchtesgadener Land, die Ergebnisse des Projekts „Green Care – Natur und psychische Gesundheit“ vor.  Gemeinsam mit dem Biosphärenreservat Rhön wurden Trainingsangebote in der Natur entwickelt und mit klinischen und präventiven Gruppen erprobt. Die Angebote fokussieren die psychische Gesundheit und sollen dazu beitragen, diese zu fördern und zu erhalten. Dazu sind bewährte Methoden zur Behandlung von depressiven Erkrankungen aus der Verhaltenstherapie sowie aus achtsamkeits- und entspannungsbasierten Zusatzangeboten in die Natur übertragen worden. Die Natur stellt im Training keine bloße Kulisse dar, sondern es wird aktiv an einer positiven Naturbeziehung gearbeitet. Den Erfolg des Angebots belegt eine wissenschaftliche Begleitstudie. „Intensive Sinneswahrnehmungen und achtsames Erleben der Natur können helfen, psychischen Krankheiten vorzubeugen – oder sie zu heilen“, beschreibt Krebs-Fehrmann das Fazit des Projekts.

Vorgestellt wurden auch die Wattenmeer-Achtsamkeitsübungen, die die Nationalparkverwaltung gemeinsam mit Businessbar.de im Rahmen des Interreg VB-Projekts PROWAD LINK entwickelt hat. „Watt für die Seele“ ist eine Zusammenstellung von 31 Übungen, die Menschen am Wattenmeer dazu einladen, ihr Herz für die Natur des Weltnaturerbes Wattenmeer zu öffnen. Dabei wird die Natur mit geschärften Sinnen erkundet und gleichzeitig als Inspiration und Übungsraum zur Selbstwahrnehmung und Reflexion erlebt. Die Übungen sind online (www.nationalpark-wattenmeer.de/achtsamkeit ) und auch als Podcast veröffentlicht.

Zudem stellte Prof. Dr. Hubert Job von der Universität Würzburg die Ergebnisse der neuen Studie über die regionalökonomischen Effekte des Tourismus im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer vor. Basierend auf Befragungen 2019/2020 wurden zum einen die Wertschätzung und Wahrnehmung des Nationalparks sowie die durchschnittlichen Ausgaben der Touristen erhoben. Nach einer bundesweit standardisierten Methode wird dabei analysiert, für welchen Anteil der Übernachtungsgäste das Prädikat Nationalpark oder Weltnaturerbe bei der Reiseentscheidung eine große Rolle spielt. Im Ergebnis sind das 15,3% Nationalparktouristen im engeren Sinn, eine deutliche Steigerung zur Vorgängerstudie 2007 (10,9%).

Zum Abschluss tischte Michael Recktenwald von der Langeooger Genussmanufaktur Seekrug kreativ auf mit einem Probier-Quiz. Dabei konnten Beispiele nachhaltig produzierter, regionaler Produkte verkostet werden.

Am Ende der Veranstaltung waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einig, wie wertvoll das Forum als Plattform zum Erfahrungsaustausch, zur Weiterbildung und zum Generieren neuer Ideen zum Wohle des Weltnaturerbes Wattenmeer und der hier lebenden und arbeitenden Menschen ist.