Schleswig-Holstein

Im Reich der Spezialisten

Wusstest du, dass die Salzwiese in St. Peter-Ording zu den artenreichsten in Schleswig-Holstein zählt? Ein Teil dieses spezialistenreichen Lebensraums ist als "Naturerlebnisraum Weltnaturerbe Wattenmeer" ausgewiesen. Ihren großen Artenreichtum verdankt die Salzwiese vor St. Peter-Ording dem Sand, der für Standortvielfalt sorgt.

Plattform „Einführung“ im Naturerlebnisraum Weltnaturerbe Wattenmeer in St. Peter-Ording

Die Salzwiese gehört zwar noch zum Land, bei Stürmen wird sie aber von der Nordsee überflutet und steht dann stundenlang unter Wasser – unter Meerwasser!

Salz ist für Landlebewesen in größerer Menge giftig. Jedoch haben Salzwiesenarten Mechanismen entwickelt, um besser damit umgehen zu können. Auch die Überflutungen stellen eine Herausforderung dar, vor allem für Kleintiere, die nicht gut schwimmen können.

All diese Besonderheiten der Salzwiese und ihrer Bewohner kannst du im Naturerlebnisraum entdecken. Viel Spaß dabei!

Salzwiese auf Sandboden

St. Peter-Ording ist ohne den Sand und den Strand unvorstellbar. Die Nordsee spült seit Jahrhunderten Sand an die Küste, den der Wind dann landeinwärts weht. Dabei bildet er flache Dünenketten, oder er fliegt weiter auf die Salzwiesen. Sandige Salzwiesen sind besonders artenreich, denn an diesem Standort verbessert Sand die Lebensbedingungen zahlreicher Tiere und Pflanzen. Im Binnenland ist es oftmals umgekehrt: Dort ist Sandboden trocken und unfruchtbar. In den Salzwiesen hingegen, wo das Meerwasser meist Trockenheit und Nährstoffmangel verhindert, fördert der Sand die Artenvielfalt.

„Lockermacher“ Sand

Sandboden ist lockerer, gröber und damit besser durchlüftet als der tonige Marschboden „normaler“ Salzwiesen, wie sie zum Beispiel im Süden von St. Peter-Ording bei Ehstensiel zu finden sind. Nasse, dichter lagernde Marschböden behindern das Wurzelwachstum, weil sie kaum lebenswichtigen Sauerstoff enthalten.

In sandigen Salzwiesen können die Wurzeln besser atmen, auch deshalb gibt es hier fast doppelt so viele Pflanzenarten wie in „normalen“ Salzwiesen.

Blühendes
Schau genau hin, und entdecke das Tausendgüldenkraut.

© Stock / LKN.SH

Schmetterling "Admiral" auf den Blüten der Strandaster
Die sandige Salzwiese von St. Peter-Ording lässt Strandastern blühen - und lockt damit auch den Admiral an.

© Wagner / LKN.SH

Salzlager Salzmelde

An der Blattoberfläche hat die Salzmelde zahlreiche Härchen, mit deren Hife sie überschüssiges Salz entsorgt. Die Härchen dienen als Salzlager: Ist das Lager voll, brechen sie ab.

Zwei Stängel einer Salzmelde
Die Salzmelde oder Portulak-Keilmelde erinnert im Geschmack an die Gemüsepflanze Portulak – daher der Name.

© M. Becker

Wo die Salzwiese beginnt – und endet

Salzwiesen sind sich auf natürlichem Wege selbst erhaltende Wiesenlandschaften, da Meersalz und in manchen Jahren auch Eisschollen hier Bäume und Sträucher fernhalten. Ein großer Teil der Salzwiesenpflanzen sind Gräser. Je nachdem wie gut die Salzwiesengräser das Salz vertragen, wachsen sie mehr oder weniger weit von der Flutkante entfernt.

Blühender Strandflieder in einer Salzwiese.

Knapp oberhalb der Flutlinie bildet das graugrüne Andelgras flach kriechende Rasen. Aus der Ferne erkennt man diese Salzwiesenzone im Sommer am lila blühenden Strandflieder (Foto: Stock | LKN.SH) oder an den hohen Blütenständen der Strandaster.

Die höchstens zehn Pflanzenarten der „Andelzone“ – diese heißt auch „untere Salzwiese“ – ertragen sogar mitten in der Blütezeit Überflutungen mit Salzwasser. Die Pflanzen der unteren Salzwiese haben sehr wirksame Mechanismen im Umgang mit dem für Landlebewesen giftigen Meersalz entwickelt.

Welche Mechanismen die Pflanzen gefunden haben, mit dem Salz umzugehen, erfährst du bei der Station „Mehr Salz als gesund ist“.

Wo keine Strandastern mehr wachsen, sondern weite Grasländer mit der kniehohen Strandquecke, ist die „obere Salzwiese“. Diese Zone erreicht das Meerwasser normalerweise nur im Winterhalbjahr. Entsprechend vertragen die Pflanzen hier nur relativ wenig Salz.

Je nach Sandgehalt des Bodens und nach Bodenfeuchte kann die obere Salzwiese sehr unterschiedlich aussehen. Etwa 40 verschiedene Salzwiesenpflanzen kommen in dieser Zone vor. Das sandige Vorland von St. Peter-Ording ist bekannt für seinen botanischen Artenreichtum.

Zeichnung: TausendgüldenkrautZeichnung: Strandwegerich

Zum Beispiel wachsen hier die nur bei Sonnenschein
blühenden Tausendgüldenkräuter (© Steffen Walentowitz) und der bei Insekten und Wildgänsen sehr beliebte Strandwegerich (© Steffen Walentowitz).

Wie die Strandquecke die obere Salzwiese meistert erfährst du an der Station „Grasland am Meer“.

Dünen im Licht der untergehenden Sonne

Wo Flugsand sich zu Dünen häuft, wächst bald ein hohes Gras: der Strandhafer. Der Strandhafer braucht frischen Flugsand, um gut wachsen zu können. Er hält den Sand mit seinen dichten Wurzeln fest und lässt dadurch Dünen in die Höhe wachsen (Foto: Schnabler / LKN.SH). Dicke Flugsandschichten von bis zu einem Meter kann er binnen weniger Wochen durchwachsen und festhalten. Früher drehte man aus den langen Wurzeln des Strandhafers sogar stabile Seile.

Zeichnung: Strandhafer

Küstenschützer:innen machen sich die Eigenschaften des Strandhafers (© Steffen Walentowitz) zunutze: Sie pflanzen ihn oft, um den unerwünschten Sandflug zu unterbinden. Hier im Vorland von St. Peter-Ording wächst Strandhafer aber ganz natürlich auf den Dünen und Strandwällen.

Mehr zu diesem sandigen Lebensraum erfährst du unter „Dünen – auf Sand gebaut“.

Einer der wenigen Sträucher, die sich auch in den sandigen Dünen wohl fühlen, stammt von der Küste Ostasiens: Die Kamtschatkarose, auch Kartoffelrose, Runzelrose oder Friesenrose genannt. Sie wurde vor über 200 Jahren als Zierpflanze nach Europa importiert und wächst sehr gut an den Küsten von Nord- und Ostsee. Dort kann sie dichte Gestrüppe bilden, mit denen sie die heimischen Dünenpflanzen überwuchert und verdrängt. Artenarmut ist die Folge.

Zeichnung: Kartoffelrose mit Blüte und Hagebutte

Noch ist die Kartoffelrose
(© M. Becker) im Nationalpark kein großes Problem, ihre Ausbreitung wird aber mit Sorge beobachtet. Eine Bekämpfung wäre sehr schwierig, da sie tief reichende Wurzelausläufer bildet.

Tipp: Aus den Blütenblättern der Rose kannst du ein sehr delikates Gelee kochen, und aus den Früchten, den Hagebutten, eine leckere Marmelade! Probier es doch mal aus!

Blätter einer Grauweide

Als Besonderheit gibt es im Vorland von St. Peter-Ording kleinflächige Gehölzgruppen. Typisch ist die Grauweide (© S. Becker). Sie bildet keinen Hauptstamm, sondern dichte, bis zu vier Meter hohe Büsche. Wo die Grauweide wächst, beginnen die natürliche Waldbildung und der Übergang zum Hinterland.

Allerdings gibt es an der Nordseeküste keine solchen natürlichen Wälder mehr, und niemand weiß genau, wie diese „Küsten-Pionierwälder“
einst ausgesehen haben mögen – vielleicht so, wie der Gehölzstreifen südlich direkt am Deich.

Die Grauweide blüht schon früh im Jahr mit puscheligen „Weidenkätzchen“. Wie bei allen Weiden gibt es männliche und weibliche Pflanzen mit unterschiedlichen Blütenformen. Wildbienen und die ersten Nachtfalter des Frühjahrs nutzen sehr gerne ihr Pollen- und Nektarangebot.

Kennst du die beiden verschiedenen Blütenformen, die es bei Weiden gibt? Tipp: Schau dir mal die Zeichnungen (© S. Becker) genau an. Die weblichen Blüten sind kompakter.

Grauweidenzweig mit männlichen BlütenZeichnung: Grauweidenzweig mit weiblichen Blüten

 

Zeichnung: Schilfhalm mit BlüteWo der Boden feucht oder nass ist, wächst über kurz oder lang meistens Schilf, auch Reet genannt (© Steffen Walentowitz). Es ist das größte Gras Mitteleuropas und kann sehr dichte Röhrichte bilden. Allerdings verträgt das Schilf kaum Meerwasser. Daher wachsen Schilfröhrichte vor allem im obersten Bereich der Salzwiese oft direkt vor den Deichen, wo das Regenwasser
vom Deich abläuft und den Boden etwas entsalzt.

Röhrichte bieten Verstecke und sind Lebensraum für viele Tiere, aber sie können auch empfindliche Pflanzengesellschaften verdrängen. Weidende Rinder oder Wildgänse wiederum können das Schilf in die Schranken weisen. Hier vor St. Peter-Ording gibt es eine große Vielfalt von beweideten und unbeweideten Salzwiesen mit und ohne Schilf.

An der Station „Vielfalt im Röhricht“ erfährst du, wer sich im Schilf versteckt.

kleine Flächen von Andelgras zwischen Sand und Wasser
Das Andelgras wächst in der unteren Salzwiese, wo das Land ins Meer übergeht.

© S. Gettner

Zeichnung: blühendes Andelgras
Das Andelgras bildet die ersten geschlossenen Rasenflächen auf dem Wattboden.

© M. Becker

Andelgras, Boddenbinse und Rotschwingel gehören zu den spezialisierten Gräsern, die vor allem in den Salzwiesen wachsen. Durch komplizierte Sperren in der Wurzelhaut können sie das Salz, das in zu hoher Konzentration als Pflanzengift wirkt, ausschließen und trotzdem lebenswichtiges Süßwasser aufsaugen.

Nur die Gräser sind salzfrei. Und nur deshalb können Schafe, Rinder und Pferde auf Salzwiesen weiden! Alle anderen Pflanzen der Salzwiesen enthalten Meersalz, teils in großen Mengen. Probier doch mal!

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… durch den Naturerlebnisraum Weltnaturerbe Wattenmeer! Vier Plattformen und acht Stationen erwarten dich:

Bitte beachten

  • Bitte nutze die vorhandenen Wege, wenn du die Salzwiesen erkundest.
  • In der Brutzeit von April bis Juli haben Brutvögel im Gras Nester gebaut. Bitte halte Abstand und störe sie nicht.
  • Übrigens: Für Hunde besteht im Nationalpark ganzjährig Leinenpflicht!Zeichnung: Seestern mit Hund an der Leine

© Margit Becker-Schmidt

Hallo, ich bin Stella!

Ich darf dich durch die Salzwiese führen. Komm mit, wir gehen gemeinsam auf Entdeckungstour! Hol dir vorher gerne meine Rallye im Nationalpark-Haus, dann wirst du Salzwiesen-Expert:in!

Nationalpark-Haus St. Peter-Ording

© Margit Becker-Schmidt

Zeichnung: Seestern mit Faltblatt

Salzwiesenforschung und mehr