Niedersachsen

02.06.2021 |

Tierische Landschaftspfleger im Einsatz

Eine alte Rinderrasse „unterstützt“ im Lütetsburger Sommerpolder den Artenschutz im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer.

Wilhelmshaven/Hilgenriedersiel, 01.06.2021 – Aus dem Stall in den Sommerpolder: Seit Mitte Mai weiden Deutsche Schwarzbunte Niederungsrinder auf dem Lütetsburger Sommerpolder westlich von Hilgenriedersiel. Die alte Haustierrasse schafft hier optimale Bedingungen für typische Arten des Wattenmeeres. Der Sommerpolder liegt nämlich in der Ruhezone des Nationalparks und ist mit seinen feuchten Bodenverhältnissen, Blänken und Salzwiesen-Vegetation sehr attraktiv für Gastvögel wie Goldregenpfeifer und Weißwangengans und Brutvögel wie Feldlerche und Kiebitz.

„Wir freuen uns, dass wir gemeinsam mit dem neuen Pächter den Sommerpolder weiter in Richtung Artenschutz und der Nachhaltigkeit entwickeln können“, erklärt Karla Schulze, verantwortliche Gebietsbetreuerin bei der Nationalparkverwaltung. Erstmals werden an der ostfriesischen Festlandküste gezielt Niederungsrinder für die Flächenpflege im Nationalpark eingesetzt. Mit dem Bewirtschaftungsplan für den Sommerpolder wurde dabei ein Konzept abgestimmt, dass auch für weitere Flächen Anregungen geben kann. „Landwirtschaft und Naturschutz funktionieren gut zusammen“, bestätigt Landwirt Christian Schuirmann. „Dafür bietet sich im Lütetsburger Sommerpolder eine extensive Beweidung mit der alten Haustierrasse an. Die dort erforderlichen Maßnahmen zum Naturschutz lassen sich mit unseren Tieren sinnvoll umsetzen.“ Mit großer Freude hat Schuirmann unlängst Kiebitze als mögliche Brutvögel auf dem weitläufigen Sommerpolder beobachtet.

Die sehr extensive Beweidung (ca. 0,8 Rinder pro ha) hält die Vegetation kurz und schafft dabei ein Mosaik verschiedener Höhenstrukturen, wovon gefährdete Tier- und Pflanzenarten profitieren, wie etwa Kiebitz und Feldlerche als typische Wiesenbrüter oder Pflanzen der oberen Salzwiese und des Extensiv-Grünlands wie Strandaster und Zahntrost. Das Kurzhalten der Vegetation kommt auch Gastvögeln wie z.B. Gänsen zugute. Der Auftriebstermin ist auf die Vegetationsentwicklung und das Brutgeschehen abgestimmt.

Das Deutsche Schwarzbunte Niederungsrind kommt gut mit den feuchten Bodenverhältnissen und dem geringeren Aufwuchs des Sommerpolders zurecht und zeichnet sich zudem durch eine hohe Bewegungsruhe aus – ideale Eigenschaften als Landschaftspfleger im Nationalpark. Mit der Rückbesinnung auf die Vorzüge des Niederungsrinds wird auch der Erhalt dieser gefährdeten alten Rinderrasse unterstützt.

Neu ist auch, dass eine Pflegemahd nur bei Bedarf und dann abgestimmt auf die Samenreife seltener Arten sowie möglichst insektenfreundlich durchgeführt wird. Auf der Fläche werden außerdem die Rinder nicht mit Medikamenten gegen Parasiten behandelt, die – als unerwünschte Nebenwirkung – auch für Rinder unschädliche Insekten und v.a. Wasserorganismen schädigen.

Bereits Anfang des Jahres wurden mit Unterstützung der Nationalpark- und Biosphärenreservats- und der Domänenverwaltung die Zäune von Stacheldraht auf Glattdraht umgerüstet und ein solarbetriebenes Stromgerät installiert. Damit sind jetzt die gesamten Nationalpark-Flächen im Norderland stacheldrahtfrei.

  • Die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH) hat das Deutsche Schwarzbunte Niederungsrind 2016 zur "Gefährdeten Nutztierrasse des Jahres" ernannt.
    Website der GEH

Pressekontakt