Für das Forschungsprojekt „Unser Wattenmeervogel“ haben drei Wissenschaftler im Sommer 2022 einige Säbelschnäbler mit GPS-Datenloggern ausgestattet. Diese Rucksäcke tragen die Vögel nun bei sich und senden hiermit permanent ihren Aufenthaltsort. Per Mobilfunknetz erreichen uns die Daten, so dass alle Fans unserer Wattenmeervögel immer wissen, wo ihre Lieblinge sind.
Wo sind „unsere Wattenmeervögel“ gerade? Von den 15 besenderten Säbelschnäblern lassen sich hier ein männlicher und ein weiblicher Vogel genau verfolgen. Egal ob auf dem Zug, im Überwinterungsgebiet oder während ihrer Brut: Auf der Karte sind gesendeten Aufenthaltsorte zu sehen.

© Esri, HERE, Garmin, FAO, NOAA, USGS

© Esri, HERE, Garmin, FAO, NOAA, USGS
Mads Blog
Doktorand Mads Eskildsen erklärt Wissenswertes zum aktuellen Aufenthaltsort.
Moin, ich heiße Mads Eskildsen und bin seit Mitte September als Doktorand am Forschungs- und Technologiezentrum (FTZ) der CAU zu Kiel angestellt.
Ich habe Biologie im Bachelor und Master an der Universität Hamburg studiert. In meiner Masterarbeit habe ich mich mit der Nistplatzwahl des Säbelschnäblers in Bezug auf Vegetation und Geländehöhe beschäftigt. Während meines Studiums konnte ich als wissenschaftliche Hilfskraft am FTZ bereits vielseitige Einblicke in den Forschungsalltag gewinnen. Nun möchte ich mich selbst mit der gewonnenen Expertise im Projekt Wattenmeervogel einbringen.
Viel Spaß mit meinem Blog! Meldet euch gern, wenn ihr Fragen, Anregungen oder Kritik habt. Ich freue mich auf Post von weiteren Säbelschnäbler-Fans!
© Detlef Arlt
Ostern zieht es viele Menschen zum ersten Urlaub des Jahres in die Ferne. Die Kanarischen Inseln vor der afrikanischen Küste sind dabei ein beliebtes Ziel. Ähnlich sieht es wohl auch einer unserer besenderten weiblichen Säbelschnäbler, der im westafrikanischen Senegal den Winter verbracht hat. Ihn zog es auf dem Rückweg in das Brutgebiet im schleswig-holsteinischen Wattenmeer ebenfalls zu Ostern auf die Kanarischen Inseln. Dabei stattete er den Inseln Gran Canaria und Teneriffa einen kurzen Besuch ab; allerdings ohne zu verweilen. Die beiden Inseln rechts und links liegen lassend zog er weiter in den Donana Nationalpark an der spanischen Atlantikküste westlich von Gibraltar, wo er derzeit Kräfte für den weiteren Rückflug zu uns sammelt. Das ist ein weiterer Beleg dafür, wie wichtig naturnahe, störungsarme Feuchtgebiete mit ausreichendem Nahrungsangebot auf dem Zugweg für den Säbelschnäbler sind.
Im vergangenen Blog Ende März hatte ich über die Rückkehr der Männchen in das Elbästuar berichtet. Dass das Weibchen noch nicht im Brutgebiet eingetroffen ist, unterstützt die auf Ringablesungen und Beobachtungen im Brutgebiet basierende Vermutung, dass weibliche Säbelschnäbler später als ihre männlichen Artgenossen im Brutgebiet ankommen.
Trotz der frostigen Nächte der vergangenen Tage, sind zwei unserer besenderten Säbelschnäbler seit einigen Tagen wieder in ihrem Brutgebiet angekommen. Beide Männchen haben wir 2022 im Neufelderkoog in einer Brutkolonie im äußeren Elbeästuar besendert. Dort sind sie nun wieder aufgetaucht. Ob sie sich auch dieses Jahr dort zur Brut ansiedeln oder eine der benachbarten Kolonien entlang der schleswig-holsteinischen Nordseeküste bevorzugen, wird sich dann im Laufe der nächsten Wochen zeigen.
Heute hat es den ersten unserer besenderten Säbelschnäbler zurück ins Wattenmeer gezogen. Aus seinem Überwinterungsgebiet an der französischen Atlantikküste ist das Männchen fast Non-Stop, mit nur einem einzigen 15-stündigen Zwischenstopp im Veersen Meer (Niederlande), nach 26 Stunden (Stopp inklusive) im Ems-Dollart angekommen. Nun wird es einen geeigneten Brutplatz suchen. Sobald auch die Weibchen, die tendenziell etwas später im Brutgebiet eintreffen, anwesend sind, geht das Männchen auf Brautschau, um sich möglichst erfolgreich fortzupflanzen.
Langsam kündigt sich in den Überwinterungsgebieten der Beginn der Frühjahrsmigration zurück ins Brutgebiet an. Die ersten von uns getrackten Säbelschnäbler orientieren sich bereits vorsichtig in Richtung Norden und verlassen dabei ihr bisheriges Überwinterungsgebiet, um sich in einem etwas nördlicher gelegenen Gebiet weiter auf ihren Abzug vorzubereiten. Andere haben zwar schon einen ersten Testflug gestartet sind aber bis auf Weiteres wieder in ihr Überwinterungsgebiet zurückgekehrt.
Es macht sich insgesamt eine gewisse Zugunruhe unter unseren Säbelschnäblern breit.
Wirft man einen genaueren Blick auf die Überwinterungsgebiete unserer besenderten Säbelschnäbler, fällt eine Gemeinsamkeit dieser Gebiete auf. Unabhängig davon auf welchem Breitengrad sie überwintern, halten sich fast alle Individuen küstennah in einem Ästuar oder einer Meeresbucht auf. Ein Ästuar ist eine sich trichterartig auffächernde Flussmündung an einer durch Ebbe und Flut geprägten Küste.
Sobald die Brut abgeschlossen ist, müssen die adulten Säbelschnäbler ausschließlich sich selbst versorgen, weshalb die Auswahl eines geeigneten Habitats in dieser Jahreszeit von anderen Faktoren abhängig ist als in der Brutzeit. Überflutungsgefahr oder Schutz vor Nesträubern als wichtige Faktoren bei der Nistplatzwahl spielen hier keine Rolle. Wichtig erscheint hingegen die Nahrungsverfügbarkeit.
Auch bei uns an der Nordseeküste sind die Säbelschnäbler in der Nachbrutzeit, wenn die Energiereserven für den langen Zug aufgefüllt werden müssen, immer wieder in Ästuaren – wie Elbe, Weser-Jadebusen oder Ems-Dollart – zu beobachten, was für eine gute Nahrungsverfügbarkeit in diesem Bereich spricht. Dieses Wissen machen die Säbelschnäbler sich scheinbar auch in ihren Überwinterungsgebieten zu Nutze.
Seit einiger Zeit befinden sich nun alle Säbelschnäbler in ihrem Überwinterungsgebiet. Dieses erstreckt sich entlang der Ostatlantikküste von England im Norden über Frankreich und Portugal bis Senegal und Gambia im Süden.
Die meisten unserer besenderten Säbelschnäbler halten sich momentan an der französischen Atlantikküste auf. Dass nicht immer der direkte Weg aus den Brut- in die Überwinterungsgebiete genommen wird, zeigt das Weibchen, dass sich momentan in Portugal befindet. Zuerst hielt es sich einige Zeit ebenfalls an der französischen Atlantikküste auf, um erst später weiter in Richtung Portugal zu ziehen, unterbrochen von mehreren Raststationen in Zentralspanien.
Wo im Wattenmeer nun wirklich der Winter einzieht mit Schneefall und Temperaturen bis – 10°C, hält es auch unser Männchen hier nicht mehr aus. Es hat sich am 13. Dezember auf den Weg in Richtung Frankreich gemacht, wo es bessere Bedingungen zum Überwintern vorfindet.
Unser Weibchen hat sich nach längerem Aufenthalt an der französischen Atlantikküste gestern auch nochmal auf den Weg weiter südwärts nach Nordspanien gemacht und dabei die Biskaya überquert.
Während unser Männchen immer noch keine Anstalten macht, sich auf den Weg in sein Überwinterungsgebiet zu machen, ist unser Weibchen entlang der französischen Atlantikküste auf der Suche nach dem perfekten Überwinterungsgebiet. Das Naturschutzgebiet Baie de l’Aiguillon, wo es zuerst ankam, schien dies nicht zu sein. Dort rastete es nur circa vier Stunden, bevor es eine Bucht weiter südlich (Anse de Fouras) flog – um sich umgehend wieder nach Norden zu orientieren und in einem Salinengebiet nahe Nantes (Les Salines de Millac) niederzulassen.
Unser Weibchen hat nun das Männchen vorerst verlassen. Beide hatten sich bis zum jetzigen Zeitpunkt zusammen im Jadebusen aufgehalten. Nun hat das Weibchen am 12.11. um 19:00 Uhr seinen Zug ins Überwinterungsgebiet gestartet. Nach zwei Flugstunden hat es noch einen etwa 18-stündigen Zwischenstopp im Dollart eingelegt, ehe es per Direktflug entlang der Atlantikküste weiterzog und am 14.11. gegen 22:00 Uhr sein vermeintliches Zielgebiet in Frankreich das Naturschutzgebiet Baie de l‘Aiguillon nördlich von La Rochelle erreichte. Dort trifft es auf zwei andere unserer besenderten Säbelschnäbler. Ein Weibchen, das am 31.5.2022 im Neufelderkoog besendert wurde, sowie ein Männchen, das am 9.6.2021 in Süddithmarschen besendert wurde.
Auftanken im Schlickwatt
Unser Säbelschnäbler-Paar (wiss. Name Recurvirostra avosetta) hält sich momentan im sogenannten Ästuarbereich der Weser auf, also im Bereich der Flussmündung ins Meer. Das Weibchen war bereits ins niederländische Wattenmeer gezogen, hat sich allerdings vor dem endgültigen Abzug ins Winterquartier noch einmal zurück in den Jadebusen orientiert. Das Männchen hingegen ist nach der Brutphase direkt an die Wesermündung gezogen.
Im dortigen Schlickwatt finden unsere beiden Wattenmeervögel optimale Bedingungen für die Nahrungssuche vor, um Energiereserven für den bevorstehenden Zug anzulegen.
© OpenStreetMap contributors, and the GIS User Community, Sources: Esri, HERE, Garmin, FAO, NOAA, USGS

© proWIN
Die drei beteiligten Wissenschaftler
© Detlef Arlt